Ein Kommentar von Tom R. Schulz

Gute Plakate erregen Aufsehen. Lassen sie auch aufhorchen? Auf einem, das jetzt eine Woche lang in manchen Glaskästen an Bushaltestellen und im Straßenbild hängt, ist ein Geiger im schwarzen T-Shirt mit erhobenem Bogenarm zu sehen, das Gesicht halb verdeckt. „Erklärt mir die Welt“ steht dabei. „Alles oder nichts“ steht auf einem anderen Plakat unter dem Foto eines anderen Geigers. Beide tun etwas, das offenbar ihre ganze Konzentration und Hingabe fordert: Sie spielen. Und ihre Worte sind die knappe Antwort auf eine Frage, die ebenfalls auf dem Plakat zu lesen steht: „Und was macht Musik mit dir?“

Die beiden Musiker gehören zum Ensemble Resonanz, sie sind mit drei Kollegen die ersten Werbeträger einer neuen Kampagne des Hamburger Vorzeige-Kammerorchesters. Diese Kampagne ist zugleich so arty und so verblüffend echt, dass sie tatsächlich aufhorchen lässt. Da ist nichts auf Hochglanz geschönt, da sind ernste, leidenschaftliche Musiker zu sehen, die augenscheinlich für ihre Kunst ihr Leben geben. Sie sind berührbar, nahbar. Sie tragen keinen Dünkel.

Wie mag klingen, was sie da so kompromisslos betreiben? Ist Musik mehr als schöner Klang? Bedeutet sie etwas, das auch mit mir zu tun hat? Eine Plakatserie, die solche Fragen im Betrachter auslöst, leistet geistig-ästhetische Geburtshilfe an der werdenden Musikstadt Hamburg.