Die Komödie „Neue Adresse Paradies“ spielt gekonnt mit Campingplatz-Klischees

Der Garten Eden ist es nicht gerade. Jedenfalls verbindet die 14 Jahre alte Natascha andere Vorstellungen mit einem Paradies als genau vermessene Parzellen, Gartenzwerge und Tomatenbeete. Der Campingplatz, auf den sie eines Nachts mit Mutter Jenny und Stiefvater Stefan mit ihrem Uralt-Camper rollt, entspricht exakt der klischeehaften Spießigkeit, die man gemeinhin mit diesen Urlaubskolonien verbindet: penibel gepflegte Gärtchen, Fähnchen als Wohnwagenschmuck, Teppiche im Vorzelt und die Aufforderung, doch bitte die Schuhe auszuziehen.

Charly ist der Platzwart dieses Zwei-Sterne-Domizils, wenn sein Handy klingelt ertönt das „Bonanza“-Intro, denn Charly ist Amerika-Fan. Eigentlich sollte das „Paradies am See“ Urlauber anlocken, doch das Areal ist zur Wohnanlage für Freaks und gescheiterte Existenzen geworden. Mit denen Natascha lieber nichts zu tun haben möchte. Gestern hat sie noch in einem geräumigen Bungalow mit eigenem Zimmer, TV und jede Menge Komfort gelebt. Aber das war gestern.

Heute ist Nataschas „Neue Adresse Paradies“, wie Autorin Marlene Schwedler und Regisseur Peter Stauch ihre ZDF-Familienkomödie genannt haben. Der Teenager ist am Starnberger See gelandet, weil Stefan sich verspekuliert und bei seinen windigen Geschäften das Haus als Sicherheit verpfändet hat. Nach der Zwangsräumung bleiben dem Familientrio noch 145 Euro und der Camper, der Mutter Jenny gehört. Immerhin hat Natascha auch noch ihr Handy, mit dem sie Bilder für ihre „Galerie des Grauens“ macht. Die Pleitefamilie möchte ihre missliche Lage vor Freunden und Geschäftspartnern verheimlichen, doch das ist nicht so einfach, denn auch andere Leute haben Handys. Wie Leon, ein Teenager, der dieselbe Schule besucht wie Natascha. Er fotografiert sie im Jogginganzug und stellt das Bild auf Facebook. Überschrift: die Trailerqueen.

Im „Paradies am See“ prallen zwei Welten aufeinander. Auf der einen Seite die sozialen Absteiger, die sich schwertun, ihre neuen Lebensumstände zu akzeptieren, und auf der anderen die Gemeinschaft der Campingplatz-Bewohner. Der Drehbuchautorin geht es nicht um ein Sozialdrama, das die einzelnen Schicksale der Gestrandeten untersucht, sie stellt die Gemeinschaft in den Mittelpunkt. Neben den einzuhaltenden Regeln, die in einem dicken Katalog für jeden Neuankömmling festgehalten sind, werden Werte wie Ehrlichkeit, Toleranz, Nachbarschaftshilfe und Solidarität hochgehalten und gelebt. Neid und Gier haben keinen Platz, nur Träume hat hier auch jeder: vom eigenen Friseursalon, einer Reise durch die USA oder einer kleinen Eigentumswohnung.

Dass „Neue Adresse Paradies“ als sympathische Fernsehkomödie trotz der ziemlich heilen Welt funktioniert, liegt vor allem an den Schauspielern. Die 17-jährige Leonie Tepe, bekannt aus der Kinoreihe „Die Vorstadtkrokodile“, überzeugt in der Rolle des missmutigen und anfangs arroganten Teenagers Natascha. Dana Golombek als Mutter Jenny kennt sich bestens in der Welt der Trailerparks aus, denn die ehemalige Miss Brandenburg, spielte in der RTL-Reihe „Die Camper“ eine Hauptrolle. Ihren gutmütigen, aber naiven Mann gibt Martin Brambach. Der routinierte Theater- und Filmschauspieler hat zuletzt in dem herausragenden Film „Oh Boy“ mitgewirkt, auch Krimiregisseur Lars Becker besetzt ihn regelmäßig. Vor zwei Jahren erhielt Brambach eine Sondernominierung für den Adolf-Grimme-Preis für seine „stetige schauspielerische Leistung in unterstützenden Rollen“. In „Neue Adresse Paradies“ darf Brambach eine Hauptrolle spielen: Er füllt sie glänzend aus.

„Neue Adresse Paradies“ Do 30.5., 20.15, ZDF