Elbjazz mit Joshua Redman, Jamie Cullum und vielen Geheimtipps

Für Puristen sind Jazzfestivals der Gegenwart nicht mehr der richtige Ort. Zu viel Popkünstler, zu viel Weltmusik, zu viel Crossover-Projekte kritisieren sie. Doch die Zeiten, in denen Programme überwiegend von Klaviertrios oder Ensembles mit der klassischen Besetzung Saxofon, Trompete, Klavier, Bass und Schlagzeug beherrscht wurden, sind schon lange passé. In den 70er-Jahren öffnete sich der Jazz in Richtung Afrika, Indien und arabischer Welt, in den 80ern tauchten zunehmend Electro-Combos auf, es folgten Hip-Hop-Projekte und Popkünstler bis hinein in den Mainstream. Von den Oldtime-Fanatikern abgesehen ist der Jazz schon immer offen für andere Genres gewesen – was nicht bedeutet, dass Programmverantwortliche zuweilen die Schwerpunkte zu Lasten des Jazz verschieben.

So viel Jazz an der Programmspitze des Festivals war noch nie zu erleben

Das Elbjazz-Festival entgeht diesem Vorwurf in diesem Jahr, denn so viel Jazz an der Spitze des Programms war noch nie. Da ist Joshua Redman mit seinem Quartett zu nennen (24.5., 19.30Uhr). Der afroamerikanische Saxofonist zählt auf seinem Instrument zur Champions League, die als Fußball-Ereignis das Festival am 25. Mai beeinflussen wird. Es wird auf dem Blohm & Voss-Gelände Leinwände geben, auf denen das Spiel München gegen Dortmund gezeigt wird, sodass der Musikfreund entscheiden kann, ob er Reus und Schweinsteiger in London seine Aufmerksamkeit schenken möchte oder The Notwist (25.5., 21 Uhr) und Tomasz Stankos N.Y, Quartet (25.5., 21.30 Uhr).

Mit dem Posaunisten Nils Wogram (25.5., 18.30 Uhr mit der HfMT-Bigband und 23 Uhr mit Simon Nabatov) kommt einer der überragenden deutschen Avantgarde-Jazzer an die Elbe. Auch ein paar Legenden finden sich auf den Programmzetteln. Der schwarze Schlagzeuger Billy Hart, ein langjähriger Wegbegleiter von Herbie Hancock, trommelt in der Band des deutschen Saxofonisten Johannes Enders (24.5., 22.30 Uhr); mit Alexander von Schlippenbach ist eine der wichtigsten Figuren der deutschen Free-Jazz-Szene zu Gast (25.5., 16.30 Uhr).

Synergien gibt es auch zwischen Elbjazz und der Verleihung der Echo-Jazz-Preise an diesem Donnerstag in der Fischauktionshalle. Redman reist für beide Veranstaltungen ebenso an wie Jamie Cullum. Der englische Pianist mit dem Babyface und den Wuschelhaaren hat mit „Momentum“ gerade ein neues Album veröffentlicht. Grund genug also, die Gala und das Festival für Werbung in eigener Sache zu nutzen. Cullums Auftritt am 24.5. um 23 Uhr auf der Hauptbühne bei Blohm & Voss dürfte zumindest vom Zuschauerinteresse her der Höhepunkt der zweitägigen Veranstaltung werden. Mit Cullum und auch mit Chilly Gonzalez, der sein ausgefallenes Konzert aus dem vergangenen Jahr nachholt (24.5., 21Uhr), hat Elbjazz zwei sehr prominente Pianisten von der Peripherie des Jazz in den Hafen geholt. Doch die Qualität des Festivals machen erst die vielen Newcomer und Geheimtipps aus: Dunkelkammermusik, ein Projekt des Pianisten Florian Weber und des Rappers Samy Deluxe (24.5., 21.30 Uhr); die New Yorker Gitarristin Mary Halvorson (25.5., 20 Uhr), die US-Saxofonistin Lakecia Benjamin (25.5., 20 Uhr) oder die Pariserin Nina Attal (24.5., 21.30 Uhr).

Der Hamburger Jazzpreis wird dieses Jahr im Rahmen des Festivals verliehen

Zum ersten Mal in das Elbjazz-Festival integriert ist die Verleihung des Hamburger Jazzpreises, der in diesem Jahr an den Arrangeur und Pianisten Wolf Kerschek geht, gleichzeitig auch Leiter des Studienganges Jazz an der hiesigen Musikhochschule (25.5., 16.30Uhr). Seine Bigband wird zwei Stunden nach der Verleihung vor der Elbphilharmonie mit Nils Wogram und dem neuseeländischen Saxofonisten Hayden Chisholm aufspielen. Neu ist auch eine Kooperation mit dem Copenhagen Jazz Festival. Fünf dänische Gruppen gastieren in diesem Jahr beim Elbjazz. Jetzt hoffen die Organisatoren nur noch auf gutes Wetter. Beim Programm haben sie alles richtig gemacht.

Elbjazz Fr 24.5., ab 17.30, Sa 25.5., ab 13.30, div. Bühnen bei Blohm & Voss und am Fischmarkt, Karten 75,- (Festivalticket), 45,- (Tagesticket), Programm und Infos im Internet: www.elbjazz.de