Stefan Pethke ist Mitorganisator des „Unerhört“-Filmfestivals

„Platte meines Lebens“ kann gruselig klingen, nach Grabstein. In meinem Nachruf wird von verpassten Gelegenheiten die Rede sein. Beispiel Mauerfall: Herbst 1989 hatte ich mein Studium an der Filmschule aufgenommen. Was mache ich mit dem historischen Moment? Eine Woche nach dem 9.11. drehe ich ein Konzert von TAD. Die beiden anderen Gruppen des Labels „Subpop“ aus Seattle, die an diesem Abend spielen, lasse ich links liegen. Die eine hieß Nirvana. So viel zu meinem Gespür für Geschichte.

Erst über ein Jahr später folgen meine ersten Versuche, mithilfe einer Kamera einen eigenen Standpunkt zu finden zu jüngeren deutschen Ereignissen. Ich suche Rat bei meinen Platten und finde „Small parts isolated and distroyed“ von der kanadischen Punkband Nomeansno. Ein Song heißt „Victory“. Eine Hymne zwischen Zweifel und Renitenz. Bis es die Abschlussstrophe (hier in meiner Übersetzung) auf den Punkt bringt: „Ich kann dir nicht all die Dinge zeigen, die ich gesehen habe. / Ich kann dich nicht fühlen lassen, was ich fühle, (...) / Aber so sehr wir es auch versuchen: Eines Tages, das weiß ich, / müssen wir uns alle zum Sterben hinlegen. / Also erzähle ich dir vielleicht einfach, / was ich hoffe und glaube: / In jeder Niederlage steckt ein Sieg. / Sieg in der Niederlage.“ Aus meinen Wendeimpressionen ist nie ein Film geworden. Aber ich staune heute noch darüber, wie genau dieser Song schon 1987 wusste, was zwei bis drei Jahre später hier und bei mir los war.