Ein Versäumnisvorwurf von Joachim Mischke

Wenn in einem Hamburger Museum, das dem weltberühmten Hamburger Komponisten Johannes Brahms gewidmet ist, eine Sonderausstellung mit Bastelmaterialien wie aus dem Werkunterricht vorbereitet wird, dann ist das auf den ersten Blick rührend. Auf den zweiten ist es beschämend. Dass in dieser selbsternannten Musikstadt und Kulturmetropole eine Handvoll Ehrenamtliche Kopien und Scans rahmen, weil mehr nicht geht ohne Geld, während wenige Hundert Meter Luftlinie entfernt ein Konzerthaus für derzeit 789 Millionen Euro darauf wartet, weitergebaut und weltweit vermarktet zu werden, ist eine Schande. Nicht für das Brahms-Museum. Nicht für die Idee der Elbphilharmonie. Einzig und allein für die Stadt. Für uns alle.

Im Elbphilharmonie-Kaispeicher wird gerade mit viel Pomp und Sponsorengeld die „re-rite“-Ausstellung zu Strawinskys „Sacre“ präsentiert, die mit modernster Technik vermittelt, wie faszinierend im 21. Jahrhundert der Umgang mit dem Kulturgut Musik sein kann, wenn man beeindruckend weit ausholen darf. Im Brahms-Museum ist die Vermittlungs-Uhr tief im 20. Jahrhundert stehen geblieben. Dort wird an den Dirigenten Hans von Bülow erinnert, der in seinen besten Hamburger Jahren eine legendäre Größe war, Wagner-Opfer, Brahms-Freund, Strauss-Mentor, Mahler-Idol. Möglicherweise verirrt sich ja demnächst einmal ein elbphilharmonischer Gönner in die Peterstraße knapp neben dem Michel, dorthin, wo eine Tür weiter auch Telemann viel zu bescheiden gewürdigt wird. Er sollte dann sehr gute Erklärungen parat haben.