Volker Albers schreibt an dieser Stelle regelmäßig über Kriminalromane

Ruhestand ist nichts für John Rebus. In 17 Kriminalromanen ließ der schottische Autor Ian Rankin seinen Detective Inspector ermitteln, dann – in „Ein Rest von Schuld“ – schickte er den knorrigen Eigenbrötler 2007 in Rente. Rebus passte das gar nicht, und seinem Erfinder offenbar ebenso wenig. Man trennt sich halt nicht gern von lieb gewordenen Figuren, auch wenn sie einem, wie Rankin in einem Interview sagte, gar nicht einmal sonderlich sympathisch sind.

Jüngst ist also „Mädchengrab“ erschienen und somit der 18. Fall, in dem sich Rebus auf die mühsame Suche nach der Wahrheit begibt. Rankin hat ihm dieses Mal einen besonders kniffligen und unangenehmen Fall mit auf den langen Weg gegeben. Rebus arbeitet als Honorarkraft in der Abteilung für ungelöste Fälle, „Cold Case“genannt, und das in der Hoffnung, vielleicht doch wieder eine feste Anstellung zu erhalten. Zeitgenosse Rebus, könnte man sagen.

Als sich eine Mutter, deren jugendliche Tochter vor zwölf Jahren verschwunden ist, an Rebus wendet und ihn um Hilfe bittet, sieht das zuerst einmal nach einer unlösbaren Aufgabe aus. Doch schnell entdeckt Rebus zweierlei: Zum einen wurden die Ermittlungen damals nicht besonders gründlich durchgeführt, zum anderen sind in jenem Gebiet, in dem das Mädchen einst spurlos verschwand, in den folgenden Jahren weitere junge Mädchen vermisst worden. Anfangs kann Rebus keinen Zusammenhang zwischen den einzelnen Fällen herstellen, doch er bleibt hartnäckig – und unorthodox in seinen Methoden, was besonders seiner ehemaligen Kollegin Siobhan Clarke nicht unbedingt zum Vorteil gereicht.

Kriminalromane von Ian Rankin sind ein Glücksfall für das Genre. Nur wenige Autoren verstehen es, eine derart intensive Form der Spannung zu schaffen und gleichzeitig ungemein lebensnahe Figuren zu entwerfen, die schlüssig in einer raffiniert konstruierten Geschichte agieren. Rankin, 1960 geboren, gehört zu den großen Kriminalschriftstellern. Unbedingt lesen.

Ian Rankin: „Mädchengrab“. Deutsch von Conny Lösch. Goldmann, 507 Seiten, 19,99 Euro