Die Pöseldorfer Galerie Anne Moerchen zeigt Werke von K.R.H. Sonderborg zu dessen 90. Geburtstag

Hamburg. K.R.H. Sonderborg war ein sonderbarer Maler. Das ist schnell gesagt und gleichzeitig gar nicht zu erklären. Denn der eigenwillige, von Geburt an einarmige Künstler war zugleich ein großer Stilist und Individualist. Joseph Beuys weckt ähnliche Gefühle, sonst niemand. Aber beschreiben lässt sich sein Werk, das aus dem außergewöhnlichen Leben herausragt. Oder einfach anschauen: Derzeit in der Galerie Anne Moerchen in der Milchstraße. Als Gegenuniversum zur Konformität jeder Gesellschaft. Auch zur besten, in der man sich befinden könnte.

Unter den Nazis bewies schon der 18-jährige Kurt Rudolf Hoffmann (der spätere K.R.H.) Mut zur Zivilcourage. Sonderborg fühlte und gab sich als „Swingboy“, kleidete sich entsprechend, hörte Jazz, besorgte sich von amerikanischen Diplomaten aktuelle Ausgaben der „Washington Post“ und marschierte damit 1941 durch die Straßen seiner Heimatstadt Hamburg. Die Nazis ahndeten die Provokation mit fünfmonatiger KZ-Haft in Fuhlsbüttel.

Nach dem Krieg zog es den Künstler nach Italien, wo er ein Jahr lang blieb, Anfang der 50er-Jahre zog er weiter nach Paris, traf dort Maler des lyrischen Expressionismus. Große Vorbilder wurden ihm Ranz Kline und Jackson Pollock. In dieser Zeit benannte sich Hoffmann in Sonderborg um, nach seiner Geburtsstadt. 1953 wurde er Mitglied der deutschen Künstlergruppe Zen 49, die sich die Vermittlung der abstrakten Kunst zur Aufgabe machte. Sonderborg wurde zu einem Protagonisten des deutschen Informel. Bis zu seinem Tode 2008 war der Künstler rastlos unterwegs, arbeitete in Cornwall, Berlin, New York, Chicago, auf Fanö und immer wieder in Hamburg.

Sonderborgs Sujet umfasst spannungsgeladene Motive, von Hochspannungsmasten über seine berühmten Kalaschnikow-Serien unter dem Namen „Peacemaker“ bis zu vielen Bildern des „Electric Chair“. Die Kalaschnikow malte er zur RAF-Zeit, entfernt davon, ein Unterstützer der Terroristen zu sein. In der Malerei sah der Meister der Schwarzmalerei hingegen „fast eine kriminelle Handlung“ und sagte: „Ich bin wie jemand, der in den Keller hinabsteigt, um eine Ratte zu töten.“ Weitere Motive neben den spannungsgeladenen sind geometrisch abstrakte wie Kräne, Turbinen, Seile, Kabel und Docks aus dem Hamburger Hafen.

Trotz dieser nicht eben leichtfüßigen Sujets bewies Sonderborg seinen Humor, etwa in der Serie London Doodles, die das Outfit der Banker in der Londoner City zum Ausgangspunkt manch gelungener Karikatur macht. Aber auch gegenstandsloses Action-Painting, von ihm in Katergorie „spontan“ und „ganz spontan“ gefasst, ist jetzt in der Galerie Moerchen zu sehen.

In den Räumen in der Milchstraße wird mit der Schau „K.R.H. Sonderborg (1923–2008) – Hommage zum 90. Geburtstag“ in rund 30 Rückgaben aus Museen und Galerien eine kleine Werkschau eines Künstlers geboten, der bis in die jüngste Vergangenheit in großen Retrospektiven wichtiger Museen gezeigt wurde, so in der Kunsthalle Hamburg (2006), der Kunsthalle Recklinghausen (2010) und im Museum für Kunst und Gewerbe (2011). Die Galerie-Schau in Pöseldorf ist bis Ende Juli verlängert. Wer will, kann sich jetzt erneut ein eigenes Bild des sonderbaren Sonderborg machen und seine einzigartigen Bilder bewundern.

K.R.H. Sonderborg Hommage zum 90. Geburtstag, bis Ende Juli, Galerie Moerchen, Milchstr. 6 a