Herman van Veen begeistert gleich an drei Abenden in der Laeiszhalle

Hamburg. Er hätte es sich einfach machen können. Ein schmuckes „Best of“-Programm aus nunmehr 50 Jahren musikalischen Schaffens, verwoben mit etwas neuem Liedgut der aktuellen CD – seine Ü50-Fans wären glücklich gewesen. Doch ausgetretene Pfade hat Herman van Veen, 68, schon immer gehasst, an den drei Abenden in einer jeweils fast ausverkaufen Laiszhalle wird er nicht einmal seinen größten Erfolg „Ich hab’ ein zärtliches Gefühl“ singen.

Viele Kollegen hätten den Mut, ein völlig neues Programm zu kreieren, mit einem Stimmungstief im Saal bezahlt. Doch der Mann mit dem lichten Haarkranz wird mit Ovationen gefeiert, als hätten Robbie Williams und Justin Biber zeitgleich die Bühne geentert. Herman van Veen kann es sich eben leisten, auf Bewährtes zu verzichten, er hat genug Rollen im Repertoire. Ein großartiger Musiker, klassisch ausgebildet in den Fächern Gesang und Geige am Utrechter Konservatorium, ist er sowieso. Aber Herman van Veen ist auch ein vortrefflicher Schauspieler und Erzähler. Ansatzlos wechselt er ins Slapstick-Fach, wenn er in einem imaginären Wachsfigurenkabinett erstarrt – und zum Entsetzen der Besucher urplötzlich lebendig wird. Als er einen Mord auf offener Opern-Bühne persifliert – Chor und Tenor streiten, wie tief das Messer in der Brust der Sängerin steckt – muss auch seine Violinistin herzhaft lachen, obwohl sie die Parodie zum x-ten Mal gesehen haben dürfte. Dann steppt der Holländer famos, wagt sich sogar an einen bajuwarischen Schuhplattler.

Der Streifzug durch die Genres ist indes nie Selbstzweck, sondern fügt sich zu einem großen Gesamtkunstwerk. Van Veen spielt mit Rollen und Stimmungen, Melancholie, Trauer, Komik lösen mitunter binnen Sekunden ab. Er besingt den ersten Kuss mit der Schülerin Gudrun, klagt dann, dass eine erste große Liebe völlig verkrebst gestorben sei. Im Supermarkt seien ihm neulich die Tränen gekommen, als er ihr erstes gemeinsames Lied gehört habe. Worauf die Kassiererin sagt: „Herr van Veen, so teuer sind Ihre Einkäufe doch gar nicht.“

Ein rotes Rosenblatt klebt er sich am Ende auf die Nase, ein Clown war er ja schon immer. Dann sagt er, dass er so in zwei, drei Jahren wieder nach Hamburg kommen werde. 70 wird er dann sein, mindestens. Und doch viel zu jung für ein „Best of“.