Hamburg. Zugaben werden in der Reihe „das neue werk“ nicht oft verlangt. Aber wenn ein Musiker wie Felix Kubin auf der Bühne steht, kann das Avantgardistische schon mal in Popkultur driften. Im Publikum ist eine Menge junger Gesichter zu entdecken, denn Kubin ist Kult. Von den Teenager-Anfängen mit seinem Duo Die Egozentrischen 2 über die dadaistische Liedertafel Margot Honecker und Pop-Art in der Nachfolge der Neuen Deutschen Welle hat sich der 44-Jährige zu einem international renommierten Künstler der elektronischen und Neuen Musik entwickelt. Was den im Hamburger Osten aufgewachsenen Klangzauberer aber nicht davon abhält, Lionel Richies „Hello“ in einer schrägen Version zu covern. Mittelpunkt des Abends im Rolf-Liebermann-Studio ist die Uraufführung von „Mein Chromdioxidgedächtnis“, einem Auftragswerk des NDR.

Für die 40 Minuten lange Komposition für Elektronik, Kassettenrekorder, Klavier und Schlagzeug hat Kubin Tapes ausgegraben, die bis in seine Kindheit zurückreichen. Ein Sammelsurium aus Kinderstimmen, Anrufbeantworter-Texten, Radioansagen und Ätherrauschen collagiert er zu einer Klangwelt, in der es pfeift und zischt und klingelt und raschelt. Der Schlagzeuger Steve Heather und die Pianistin Ninon Gloger reagieren auf diese zum Teil unbearbeiteten Aufnahmen und erzeugen auf ihren Instrumenten gleichfalls extreme Klänge. Im zweiten Teil des kurzweiligen Abends spielt Kubin Stücke, die er als Auftragswerke für Theaterstücke und Filme komponiert hat. Kubin lässt jetzt die Puppen tanzen, unter anderem mit einem Menuett für Gameboy. Das Publikum ist begeistert, Kubin hat ihm mit seinem Noise-Pop die Ohren gehörig frei gepustet.