Felix Kubin führt „Mein Chromdioxidgedächtnis“ in der Reihe „das neue werk“ auf

Radio hat Felix Kubin schon als Kind beschäftigt. Während Altersgenossen draußen herumtobten, werkelte Kubin mit Mikrofon und Kassettenrekorder vor dem elterlichen Radio, um Popmusik mitzuschneiden. In den Hitparaden besang Kim Carnes „Bette Davis’ Eyes“, und Visage hatte mit „Fade To Grey“ einen Riesenhit, doch Kubin war an experimentelleren Klängen interessiert, an „Mark of the Mole“ von den Residents zum Beispiel. Deren Noiserock-Album erschien 1981 und hinterließ bei dem im Hamburger Osten aufgewachsenen Jungen nachhaltigen Eindruck.

Wenn Felix Kubin am Freitag im Rolf-Liebermann-Studio „Mein Chromdioxidgedächtnis“ im Rahmen der Reihe „das neue Werk“ im NDR aufführt, schließt sich ein Kreis. Denn der NDR mit seinen Pop-Sendungen und der damals dafür zuständige Redakteur Klaus Wellershaus waren wesentlich für Kubins Musiksozialisation. Heute zählt er international zu den wichtigen Künstlern der elektronischen Musik.

Das Projekt ist eine Hommagean die gute alte Kompaktkassette

„Mein Chromdioxidgedächtnis“ ist eine Hommage an die gute alte Kompaktkassette. Bandsalat war der GAU für jeden Musiksammler. Aber diese Kassetten eigneten sich hervorragend dafür, Mixtapes anzufertigen. Das waren jene individuell zusammengestellten Sampler, für die Nick Hornby in seinem Roman „High Fidelity“ grundlegende Regeln aufgestellt hat und die meist an verehrte Mädchen als schüchterne Liebeserklärung überreicht wurden. Für sein Stück hat Kubin ein radiophones Hörstück komponiert, das von unzähligen eigenen Archivaufnahmen und Anrufbeantwortertexten bis zu frühen Vier-Spur-Kompositionen reicht.

Felix Kubin ist einer der wenigen Klangkünstler, die noch Hörspiele schreiben. 2012 bekam er für „Orphée Mecanique“ den Preis des „Hörspiel des Jahres“. Es ist eine Neufassung des antiken Orpheus-Mythos als Mischung aus Konzert und Comic. Kubin experimentiert seit mehr als 20 Jahren mit Klängen. Ein wichtiger Einfluss waren für ihn Bands der Neuen Deutschen Welle, später entdeckte er Komponisten der Neuen Musik wie Luigi Nono, Karlheinz Stockhausen oder Yannis Xenakis. Seine Auffassung von Musik geht über die übliche Vorstellung eines organisierten Schallereignisses weit hinaus. „Man kann jeden Klang als Musik wahrnehmen“, sagt der 43-Jährige.

Im zweiten Teil des Abends im Rolf-Liebermann-Studio, mit dem auch das bis zum 16. Mai laufende Festival „blurred edges“ eröffnet wird, spielen Kubin und das Mineralorchester „Musik für Hörspiel und Theater“. Es setzt sich aus verschiedenen Kompositionen zusammen, die Kubin für befreundete Künstler wie Schorsch Kamerun, Branko Simic oder Xentos Bentos aufgenommen hat.

„Das neue werk“: Felix Kubin Fr 3.5., 20.00, Rolf-Liebermann-Studio (U Klosterstern, Bus 34, 109), Oberstr. 122, Karten: 14,-; www.felixkubin.com