Mitreißender Liederabend mit Gustav Peter Wöhlers neuem Programm „Wegen mir“

Hamburg. Er ist ganz der Alte und doch irgendwie aufregend neu. Gustav Peter Wöhler schlägt im St. Pauli Theater bei der Konzertpremiere „Wegen mir“ – wie auf der gleichnamigen CD – ungewohnt leise Töne und jazzige Klangfarben an. Er hat sein erstes deutsches Liedprogramm mit der Autorin, Komponistin und Sängerin Popette Betancor erarbeitet. Es kreist um das große Thema: die Liebe. Und wird in allen Gefühlslagen von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt besungen.

Eines unter etlichen (komödiantischen) Kabinettsstücken ist die Depressionsversion von Adriano Celentanos sonniger Italo-Schnulze „Azzurro“. Wöhler seufzt apathisch mit wundem Hundeblick den Sehnsuchtsblues nach dem Liebsten im Urlaub: „Ohne dich ist das Wetter viel zu schön“. Dann schmachtet er mit Annette Humpe „Blaue Augen“ an, schnurrt das weniger bekannte Knef-Lied „Lass mich bei dir sein“ und bringt Schirmmützenschnösel in der Disco aus der coolen Fassung mit dem Bekenntnis: „Ich bin ein Zwitter“, das er zu einem Superpizzicato der E-Gitarre frivol trällert.

Pianistin Clara Haberkamp ist eine weitere Entdeckung des Abends

Der Sänger, nun 57 Jahre alt und seiner „Pop-Pubertät“ offenbar entwachsen, verzichtet auf Exaltation, setzt auf leisere, verinnerlichte Töne und Selbstironie. Er outet sich als Hasenfuß („Klippen“) und macht sich über sich selbst als „faul und feige“ lustig, vergleicht sich mit der am Baum abhängenden, verrottenden Frucht: „Modern ist modern.“ Wöhler lässt auch den klasse Bandmitgliedern Raum für Soli. Die 23 Jahre alte Pianistin Clara Haberkamp, mehrfache Preisträgerin des Wettbewerbs „Jugend jazzt“, ist die Entdeckung des Abends: Feinfühlig streicht sie über die Klaviertasten oder hämmert auf ihnen lässig und treffsicher den Rhythmus vor. Eine geborene Jazzerin, mit der ihre Partner Dirk Berger (Gitarre) und Olaf Casimir (Kontrabass) locker und souverän mithalten.

Schwächelt Wöhler (noch) etwas bei Einsätzen und Intonation des für ihn ungewohnten Jazzgesangs, so macht er das durch seine typischen, das Publikum belustigenden, anmutig anzüglichen Scharwenzel-Tänzchen wett. Aber vor allem mit der klaren, nuancierten Textartikulation eines versierten Schauspielers. Den Titelsong „Wegen mir“ jubiliert er strahlend an seinen im Publikum sitzenden Lebensgefährten, den Filmfest-Chef Albert Wiederspiel: „Mit diesem Mann kann ich sein, wie ich wirklich bin. Er liebt mich wegen mir.“ Schließlich reißt er das Publikum mit Rio Reisers „Halt dich an deiner Liebe fest“ zu Jubel hin.

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