Hamburg. Die Frage nach der neuen „Spiegel“-Leitung werde auf der Feier nach der Nannen-Preis-Verleihung ausgetanzt, hatte der Gala-Moderator Jörg Thadeusz am Freitag noch gewitzelt. Am Sonntagmorgen war diese Frage jedenfalls eine, die weder gestellt noch beantwortet wurde, als sich drei „Spiegel“-Verbundene bei einer Diskussion im Rahmen des Wolfsburger Festivals „Movimentos“ trafen. Ex-Chefredakteur Stefan Aust, Jakob Augstein (Sprecher der Erbengemeinschaft) und Medienautor Stefan Niggemeier sprachen dort mit der Autorin Julia Friedrichs („Ideale“) und dem Publizisten Manfred Bissinger über „Grenzen der Toleranz“. Geredet wurde viel, 90 Minuten, Handfestes und Verbindliches gesagt wurde eher wenig, was vor allem an der multimedialen Weite dieses Themenfelds lag, das von der Sarrazin-Mentalität Marke „Das wird man doch mal sagen dürfen“ bis zur Homosexuellen-Ehe und der Medienkompetenz von Schülern reichte.

Bezogen auf die „Tsunami-Wellen der Information“, die immer wieder neue Erregungsanlässe – von den Wulffs bis zu Hoeneß, von Stuttgart 21 bis zum NPD-Verbot – durch das Internet schwappen lassen, meinte Aust: „Die Dimensionen geraten da oft durcheinander.“ Niggemeier sah das „Bedürfnis nach Leuten, die deutlich formulieren“. Zu den aktuellen Vorwürfen gegen den Fußball-Konzernlenker aus München meinte Friedrichs, Hierarchen müssen so etwas vertragen, „aber es besteht auch die Gefahr, dass solche Empörungen grenzenlos werden. So etwas gefährdet auf Dauer die Toleranz.“

Eine der denkwürdigsten Äußerungen kam von Augstein, der zu den Schmerzgrenzen von Toleranz in einer modernen Gesellschaft lakonisch meinte: „Niemand kann da Grenzen setzen. Das haben wir uns mit der freien Meinungsäußerung eingehandelt. Das müssen wir jetzt auch aushalten.“