Hamburg. Wer avantgardistisches Elektrogefrickel, aufregende afroamerikanisch inspirierte Perkussion und nebulösen Gesang erwartet hatte, wurde größtenteils enttäuscht beim Konzert von The Knife im ausverkauften Docks.

Nach einer guten Stunde Wartezeit heizte ein mit Goldketten behängter Vorturner mit Vollbart, Langhaarperücke, Glitzerdress und neonorangefarbenen Legwarmern der Menge ein. „Kritische Aerobic“ sollte das sein. „Bounce, Hamburg bounce“, brüllte er. Da war schon das Schlimmste zu befürchten. Doch das eigentliche Konzert, es fing wundervoll an. Sieben Musikerinnen und Musiker in Glitzerkutten beugten sich über eigenwillige Instrumente wie einen liegenden E-Bass, eine fluoreszierende Harfe, Glocken oder eine E-Flöte.

Karin Dreijer Andersson, wie üblich verborgen hinter Perücke und Maske, erhob ihre Stimme, die so schrill, gleichzeitig verzaubernd und irgendwie nicht von dieser Welt ist. Perfekt gelangen die neuen Songs „Wrap Your Arms Around Me“ und „Raging Lung“.

Durchgesetzt beim Programm hatte sich aber wohl ihr kleiner Bruder Olof Dreijer, der zwar Musiker ist, dessen Herz jedoch vor allem für modernen Techno-Dance schlägt. Und so wurden schon bald die Instrumente weggeräumt, die Kutten abgestreift, Songs wie „A Tooth For An Eye“ und „Without You My Life Would Be Boring“ kamen vom Band, und die Musiker legten eine hochenergetische Aerobic-Performance hin. Nach drei durchgetanzten Songs versuchten sie, die Kurve zum Live-Konzert noch einmal zu bekommen. Doch dieser Versuch gelang nicht mehr.

Vielleicht handelte es sich ja um ein großes Missverständnis. The Knife ist bekannt dafür, stets das Unerwartete zu präsentieren. In der ersten Viertelstunde hatte das Kollektiv gezeigt, welch unverwechselbares Klanguniversum es ganz mühelos beherrscht. Nur: Wer sich mit Turnübungen fit halten will, findet genug Anleitung bei den Videos von Jane Fonda und Co.