Eine Glosse von Tino Lange

Eigentlich stützt Atlas das Himmelsgewölbe, und nicht den Erdball. Dennoch fühlte man sich einst als Schulkind wie der Titan aus der griechischen Mythologie, wenn wieder Erdkunde auf dem Stundenplan stand. Dann hieß es, den Diercke-Weltatlas in den Ranzen zu stopfen und an das Ziel zu wuchten. Am Wegesrand passierte man zappelnde Mitschüler, die vom Gewicht der Tornister auf den Rücken geworfen wurden. Den Guten half man hoch und den Bösen… nun, schon im 19.Jahrhundert soll es folgende Redensart gegeben haben: „Schlag nach bei Duden, schlag zu mit Diercke.“

Jetzt, wo die ganze Welt in die Hosentasche passt, wirken die schweren Atlanten wie Urzeittiere, wobei sie schon damals in der Schule nicht immer auf dem Stand der Zeit waren, beispielsweise zu sehen an merkwürdig gestrichelten Linien in Polen. Dennoch, so melden Agenturen, sollen gedruckte Atlanten wieder Trend sein, speziell die mit ungewöhnlichen Inhalten. Den „Atlas der Vorurteile“ haben wir hier bereits vorgestellt, aber es gibt auch den „Atlas der fiktiven Orte“, falls sie Camelot oder Utopia bislang nicht finden konnten, oder „Seltsame Karten“, ein Atlas kartografischer Kuriositäten.

Beim australischen Verlag Millenium House kann man übrigens immer noch für knapp 76.000 Euro einen wahren Titanen im handlichen Format von 1,8 mal 1,4 Meter bestellen. Ein Atlas so riesig, dass man ihn via Google Earth aufspüren kann.