Drei junge Hamburger Filmemacher, die sich beim Studium kennengelernt haben, sind bei den Berlin Music Video Awards nominiert. Nur zwei Tage drehten sie im vergangenen Dezember an dem Clip.

Hamburg. Gleißend weißes Licht. Federn fallen in Zeitlupe auf eine Frauengestalt herab. Schnitt. Ein Mann mit freiem Oberkörper steht vor rotem Rauch in Fabrikhallen-Atmosphäre. Langsam hebt er den Kopf und blickt mit blutunterlaufenen Augen in die Kamera. Schnelle Schnitte. Stroboskopartig wechseln sich die Bilder der Gestalten ab. Immer schneller – bis sie schließlich anfangen zu tanzen.

Das Musikvideo zum Song „Whoop“ der Elektro-Band DBN ist einer der nominierten Filme bei dem internationalen Festival Berlin Music Video Awards (BMVA), die am kommenden Wochenende in Berlin vergeben werden. In ästhetisch ausgefeilten Bildern bringen darin die drei Musiker von DBN als Ärzte den Beat zurück und erwecken mit Plattenteller, Tonbandgerät und Mischpult die Toten zum Leben.

Konzipiert, gedreht und produziert haben das Werk drei junge Filmemacher aus Hamburg: John Freigang, 25, Ali Jamshidi, 27, und Fabian Bettinger, 26. Nur zwei Tage drehten sie im vergangenen Dezember an dem Clip. Schon im Studium an der Medienakademie hatten die drei Jungunternehmer begonnen, zusammenzuarbeiten. Bald gründeten sie die Produktionsfirma Augenblickfilm und machten sich selbstständig.

Wenn die drei jungen Produzenten am kommenden Wochenende erfolgreich sind, wäre das nicht ihr erster Filmpreis: Im vergangenen Jahr produzierten sie im Auftrag der Agentur Jung von Matt einen Werbefilm für Mercedes, der bei den Cannes Media Lions Bronze gewann und beim Art Directors Club, dem Verband der führenden Köpfe in der Werbebranche, den silbernen Nagel für die beste Promotion-Aktion bekam. Schon während des Studiums drehten die drei einen europaweit genutzten Imagefilm für Olympus, später Werbefilme für Marken wie VW, Easy Credit und Google.

Kennengelernt haben sich die Köpfe hinter dem Augenblickfilm gleich zu Beginn des Studiums in der Hansestadt: Fabian Bettinger spezialisierte sich als Director of Photography auf die Kameraarbeit, Ali Jamshidi studierte Regie, John Freigang ist Producer. Sie verstanden sich auf Anhieb und ergänzen sich bei der Arbeit, weil sie gemeinsam die drei Kernbereiche des Filmemachens abdecken.

Schon ab ihrem ersten Semester, dem Wintersemester 2008, stand für die drei fest: Alle Projekte während des Studiums werden zusammen realisiert. Sie kauften sich eine professionelle Kamera und beteiligten sich an Ausschreibungen. Im dritten Semester war klar, dass sie sich zusammen selbstständig machen. Die Ausstattung wuchs mit den Aufträgen: Aus einer Kamera ist mittlerweile ein großzügiges Büro in Barmbek mit weißen Designermöbeln und großem 3-D-Bildschirm an der Wand geworden, aus einem Youtube-Channel mit gleichem Namen die Augenblickfilm GmbH.

Für ihre ersten Erfolge arbeiteten die Gründer hart: „Wir arbeiten teilweise nächtelang durch, und das über lange Zeiträume“, sagt Ali Jamshidi. „Aber das nimmt man gerne hin, weil wir das, was wir machen, einfach unglaublich gerne tun.“ Die Augen des 27-jährigen Regisseurs leuchten, wenn er über seine Arbeit spricht. „Jeder Film ist eine neue Herausforderung.“ Den Herausforderungen stellen sich die ambitionierten Filmer gerne. „Filmemachen geht nicht schnell“, berichtet John Freigang. Doch dafür gebe es Entschädigung: Immer ein Ziel vor Augen zu haben, ein Werk, an dem man feile. „Wenn man dann das fertige Produkt sieht, wird man für all seine Mühen belohnt“, sagt der 25-Jährige.

Bei ihren Drehs arbeiten die Filmemacher mit großen Teams zusammen, müssen Darsteller, Kameraleute, Beleuchter und viele mehr koordinieren. „Man lernt immer etwas Neues, es gibt quasi keine Routine“, sagt Ali Jamshidi. „Filmemachen ist wie Musikmachen, der Regisseur gleicht dem Dirigenten: Du brauchst ein Orchester von guten Leuten, mit denen du die Komposition umsetzen kannst. Alle müssen zusammenarbeiten, damit das Werk richtig gut wird.“

Darum ging es auch bei dem Dreh zu ihrem nominierten Musikvideo „Whoop“: „Man muss verstanden haben, dass Filmemachen keine One-Man-Show ist. Wir wollten für das Video so viele Talente wie möglich vereinen“, sagt John Freigang. „Und gleichzeitig musst Du eine soziale Kompetenz haben, alle zusammenzubringen und dafür zu sorgen, dass sie miteinander harmonieren“, fügt Fabian Bettinger hinzu. Die jungen Produzenten haben sich von Anfang an auf digitale Technik spezialisiert und auf das crossmediale Produzieren eingestellt: „Von der Idee bis zur Produktion nehmen wir alles selbst in die Hand“, sagt Ali Jamshidi. So könnten sie auch mit einem kleinen Budget hochwertige Filme produzieren.

Derzeit arbeiten sie an Projekten für die Telekom, Converse und Hermes. Wie in einigen Werbespots können sich die drei auch beim Drehen von Musikvideos künstlerisch austoben. „Gerade in kurzen Filmen geht es um die absolute Bildästhetik: Unser Ziel ist es, eindrucksvolle Augenblicke zu produzieren“, erklärt Freigang. Am kommenden Wochenende wollen die drei Hamburger mit „Whoop“ in Berlin abräumen. Langfristig verfolgen sie ein Ziel, sagt Ali Jamshidi: „Immer unabhängiger Filme zu machen.“

Video unter: www.augenblickfilm.de/dbn-whoop