Die britische Sängerin wollte zu viel beim Hamburg-Debüt im CCH

Hamburg. „The heart was made to be broken“ steht auf dem Vorhang. Von gebrochenen Herzen und Liebesleid soll an diesem Abend noch öfter die Rede sein. Leona Lewis geht es in ihren Songs um große Gefühle, auszudrücken versucht sie diese in ebenso großen Arrangements. Unterstützt wird die englische Soul-Popsängerin bei ihrem Hamburg-Debüt im fast ausverkauften CCH von ihrer Band plus vier Streicherinnen plus zwei Sängerinnen. Damit lässt sich schon dick auftragen, zumal wenn man dazu noch eine Vier-Oktaven-Stimme besitzt wie die Londonerin. Lewis macht aus fast jedem Song eine Hymne, sie zeigt ihre stimmlichen Fähigkeiten, schraubt sich die Tonleiter hoch und lässt ihr Organ in den hohen Lagen jubilieren. Hinter älteren Kolleginnen wie der gestorbenen Whitney Houston, Celine Dion oder Mariah Carey muss sie sich nicht verstecken.

Doch weniger ist manchmal mehr. Das zeigt sich bei „The First Time I Ever Saw Your Face“, einer Ballade, mit der Roberta Flack 1972 einen Erfolg feierte. Lewis interpretiert den Song ordentlich, doch sie schafft es nicht, dieses Liebeslied so tief auszuloten, wie die US-Soulsängerin das mit ihrer Maßstäbe setzenden Version getan hat. Leona Lewis’ Songs und ihre Show sind ein ganzes Stück vom Soul entfernt und deutlich näher am voluminösen Musical-Sound. Da macht es Sinn, dass der deutsche Musical-Tarzan Alexander Klaws im Vorprogramm auftritt. Leona Lewis hat ein ausgesprochenes Faible für Balladen, doch intime Momente gibt es an diesem Abend fast keine. Nicht einmal das ihrer Großmutter gewidmete akustische „Footprints In The Sand“ vermag wirklich zu rühren.

Vielleicht ist Leona Lewis ein Opfer ihrer Stimmgewalt, die sie immer partout einsetzen möchte, vielleicht sind es auch die Zugeständnisse an einen Massengeschmack, die verhindern, dass ein Gefühl von Wärme entsteht. Die Band musiziert perfekt, es gibt ruhige Nummern, „Better in Time“ kommt als Reggae daher, „Sugar“ als stampfender Disco-Beat, und auch „Forgive Me“ marschiert schwungvoll vorwärts. Erst bei „Bleeding Love“ spürt man so etwas wie Euphorie bei den fast 3000 Fans. Aber das ist auch schon der erste Song des Zugabenteils. Den stärksten Moment hat der Abend, als Lewis sich bei „Trouble“ hinters Klavier setzt. In diesem Augenblick nimmt sie sich zurück und zeigt sich von einer puren Seite. Der Rest ist wie Schwarzwälder Kirschtorte: mächtig und süß, aber im Überfluss kein Genuss mehr.