Beim Kongress newTv diskutiert die Branche das Second-Screen-Phänomen. Trotz Internet-TV sehen selbst in den USA noch 89 Prozent aller Zuschauer ganz klassisch linear fern.

Hamburg. Die Botschaft ist für die Branche an sich ganz beruhigend: Das klassische lineare Fernsehen, so wie wir es kennen, wird so schnell nicht verschwinden. Dabei hatte der Titel des alljährlich von der Wirtschaftsförderungsinitiative Hamburg@work veranstalteten Kongresses newTV anderes verheißen: „TV on the move – Time for Disruptions“, hatte auf den Einladungen gestanden. Das heißt so viel wie „Fernsehen auf dem Sprung – Zeit für Umbrüche“.

Der ganz große Umbruch bleibt aber vorerst aus: Trotz digitaler Festplattenrekorder, diverser Video on Demand-Anbieter, YouTube und Mediatheken, die via Internet und mit mobilen Medien abrufbar sind, sehen selbst in den USA noch 89 Prozent aller Zuschauer ganz klassisch linear fern. Und Sean Besser von der Agentur GetGlue sieht auch keinen Grund, warum sich daran in den kommenden Jahren etwas ändern sollte. Der ehemalige Vorstand der ProSieben Sat.1 Media AG, Marcus Englert, heute in Diensten der Unternehmensberatung Solon Management Consulting, sieht es ebenso. Zwar sind die meisten heute erhältlichen Fernsehgeräte Smart TVs. Man kann mit ihnen auch ins Internet gehen, um sich in der Online-Mediathek der ARD den „Tatort“ anzusehen, den man verpasst hat. Dennoch hat dies nicht den erwarteten Schub für das nicht lineare Fernsehen gebracht, weil die wenigsten der neuen Geräte von ihren Besitzern mit dem Internet verbunden wurden.

Ein paar kleine Umbrüche gibt es dennoch: Immer mehr Menschen sitzen mit Smartphone, Tablet PC oder Laptop vor dem Fernseher. Sie schauen auf einen zweiten Bildschirm, weshalb dieses Phänomen Second Screen genannt wird. Laut Megan Cunningham von der US-Firma Magnet Media schaut mittlerweile die große Mehrheit der Amerikaner so fern. Ihre Firma denkt sich deshalb spezielle Werbevideos für Second-Screen-Nutzer aus. Und die Agentur GetGlue bringt Formate großer TV-Sender in Sozialen Medien wie Facebook und Twitter unter, die von Second-Screen-Nutzern besonders gern angesteuert werden.

Ein anderes Phänomen ist für die Branche schon bedrohlicher: Obwohl der TV-Konsum der Bevölkerung konstant hoch ist, geht er bei den 14- bis 29-Jährigen zurück. Schlimmer noch: Bei ihnen hat das Internet das Fernsehen als Leitmedium abgelöst. Ob sich die Mediennutzung dieser Generation mit fortschreitendem Alter ändert, ist einstweilen völlig ungewiss.