Sänger Sven Regener und Schlagzeuger Richard Pappik erzählen aus dem Innenleben ihrer Band, was sie mit Hamburg verbindet und warum die Band auch für Bestsellerautor Regener „das Wichtigste, was ich mache“ ist.

Hamburg. Vier Abende Element of Crime in der Fabrik, vier Konzerte hintereinander, jedes ausverkauft. Mit melancholischer Rockmusik und poetischen deutschen Texten feiert die Band seit Jahren große Erfolge – ihre Lust am Liveauftritt hat das nicht geschmälert. Vor der Hamburger Konzertserie erzählen Sänger Sven Regener, 52, und Schlagzeuger Richard Pappik, 57, aus dem Innenleben ihrer Band, was sie mit Hamburg verbindet und warum die Band auch für Bestsellerautor Regener „das Wichtigste, was ich mache“ ist. Regener, der am nächsten Roman schreibt, spricht lebhaft mit Händen und Füßen, während Pappik hinter schmaler Brille eher bedächtig Auskunft gibt.

Hamburger Abendblatt: Warum en suite in kleinen Clubs statt eines Konzertes in einer großen Halle?
Richard Pappik: Vor einem Jahr haben wir uns getroffen, und Sven fragte: Wo hat das Spielen eigentlich am meisten Spaß gemacht? In den Clubs natürlich, wo das Wasser die Wände hinunterläuft, wo man die Leute sieht und eine direkte Reaktion spüren kann. Außerdem ist es ja schon einige Zeit her, dass wir eine neue Platte herausgebracht haben. Da muss man mal gucken, ob der alte Element-of-Crime-Diesel wieder anspringt.

Werden schon neue Songs zu hören sein?
Sven Regener: Es sind alte neue Songs.
Pappik: Wir haben in den Konzerten bisher 50 Songs ausgegraben und so fünf bis sechs am Abend getauscht.

50 Songs sind eine Menge. Brauchen Sie für manche Texte Spickzettel?
Regener: Manchmal musste ich bei den Proben auf dem Handy im Internet nachgucken. Aber auf der Bühne geht das so, eine Frage der Konzentration.

Die Konzerte sind wie ein Bonus für die Fans: Die Kapazität in der Fabrik ist um 300 Zuschauer auf 900 reduziert, so wird es nicht ganz so eng.
Regener: In der Fabrik ist es in meiner Erinnerung so, dass man, wenn man oben in der zweiten Reihe steht, nichts mehr sehen kann. Ich glaube nicht, dass wir uns ’ne Heiligsprechung verdienen, weil wir in kleineren Clubs spielen. Es ist einfach mal ein anderes Angebot.

Wie sehen die Tage aus, wenn Sie länger an einem Ort bleiben können?
Regener: Es wird hinterher mehr Party gemacht, weil viele Leute kommen, die wir kennen. Man muss am nächsten Morgen nicht so früh aufstehen, weil der nächste Termin erst um 16 Uhr beim Soundcheck ist. Je nachdem, wie wild man es getrieben hat, bestimmt das den Verlauf des nächsten Tages.
Pappik: Das ist schon sehr viel komfortabler als morgens schnell zu frühstücken und dann mit dem Bus los. Ich muss nicht jeden Tag mein Schlagzeug auf- und abbauen. So ein Instrument ist wie eine Baustelle, da muss geschraubt werden. Das bleibt jetzt einfach stehen.

Eine gemeinsame Hafenrundfahrt steht also nicht auf dem Programm?
Pappik: Wir sehen uns auf der Bühne.
Regener: Wir machen als Musiker viel zusammen, aber wir sind keine Gruppenfreaks. Die Gruppe kann einem auch auf die Nerven gehen. Manchmal will man nur den ganzen Tag im Hotel bleiben, bis es endlich wieder losgeht.

Gibt es eine Verbindung zu Hamburg?
Regener: Weil ich hier gelebt habe, bin ich mit vielen Orten vertraut.
Pappik: In Hamburg haben wir auch unseren ersten Vertrag mit der Polydor unterschrieben. Das war im Westwerk.
Regener: Im Westwerk haben wir 1987 auch unsere ersten Hamburger Konzerte gegeben. Da gab es die Hotels ringsherum noch nicht.

Was bedeutet es überhaupt für Element of Crime, fast 30 Jahre nach der Gründung noch „on the road“ zu sein?
Regener: Das Livespielen ist Brot und Butter. Damit fing alles an und damit hört alles auf. Wenn man das nicht mehr machen kann, ist die Band durch.

Wenn Sven Regener einen Roman schreibt oder in ein Filmprojekt involviert ist, was machen die anderen dann?
Pappik: Jeder hat seine kleine Galaxis. Jakob Ilja komponiert viel Theater- und Filmmusik, ich kümmere mich um junge Künstler und mache mit einem befreundeten Cellisten Livemusik zu Stummfilmen wie „Nosferatu“. Das Schöne ist, dass das mit dieser Band möglich ist. Die kann man mal zwei oder vier Jahre parken.

Sind diese Pausen das Geheimnis dafür, dass es die Band seit 1985 gibt?
Pappik: Wir waren nie Leute, die sich regelmäßig dienstags getroffen haben, weder zu Proben noch in der Kneipe.
Regener: Für mich war Element of Crime immer das Wichtigste. Alles andere orientiert sich daran wie Eisenspäne am Magneten. Das heißt nicht, dass man nicht auch Distanz zu den anderen hätte. Man muss die Band unter dem Aspekt der Kunst sehen, es geht da nicht um die Einzelperson. Das ist ja das Gute an Bands, dass auch der Sänger, der automatisch mehr im Fokus ist, zurücktreten kann. Ich bin einer von dreien.

Das heißt, ihr Ego ist nicht so groß, dass es die anderen unterdrückt?
Regener: Mein Ego ist schon gewaltig groß...
Pappik: ... aber unterdrücken lässt sich dennoch keiner.
Regener: Wäre mein Ego im Mittelpunkt, würde ich ein Solo-Album machen. Aber das interessiert mich nicht so. Element of Crime ist besser.

Setzen Sie heute mehr Tonträger ab, weil ihr Publikum älter und erwachsener ist?
Regener: Wenn jemand eine Platte unbedingt will und die Band ihm wichtig ist, dann kauft er sie auch. Das Zweite ist: Wir veröffentlichen unsere Alben meist im Herbst und damit im Weihnachtsgeschäft. Illegale Downloads kann man schlecht verschenken.