Die Hamburger Produktion „Mörderische Jagd“ schickt erneut Hinnerk Schönemann auf Verbrechersuche. Dieses Mal fahndet er nach einer geheimen Kontenliste.

Hamburg. „Keine Angst, ich bin Profi“, sagt Finn Zehender. Es klingt wie eine Drohung. Der Mann ist als Privatdetektiv ähnlich kompetent wie die Entenhausener Nachwuchsbande Tick, Trick und Track. Anders gesagt: Zehenders Gehirnwindungen arbeiten eher gemächlich, mit Umwegen. Er wirkt, als brauche er jemanden, der ihm morgens ein frisches Hemd rauslegt und ihm über die Straße hilft. Stattdessen hat er es sich zur Aufgabe gemacht, die Probleme anderer Leute zu lösen. Auf seine Art. Interessante Idee, einen wie Finn Zehender, gespielt von Hinnerk Schönemann, zum Protagonisten einer Krimireihe zu machen.

„Mörderische Jagd“ heißt der ZDF-Montagsfilm, in dem Autor Holger Karsten Schmidt und Regisseur Markus Imboden bereits zum dritten Mal den Hobbyermittler unfreiwillig in einen Fall stolpern lassen. Dieses Mal ist ihm sogar der Verfassungsschutz auf den Fersen. Quer durch das norddeutsche Flachland verläuft die Suche nach einer Geheimliste von Deutschen, die Geld an der Steuer vorbeigeschmuggelt und auf geheimen Konten in der Schweiz gebunkert haben. Natürlich hat diese Verfolgungsjagd mehr von einem Angel-ausflug als von einer brisanten, an tatsächliche Ereignisse angelehnten Ermittlung. Zehnender tapert durch die Dünen wie ein Hundewelpe und leidet unter spätpubertären Stimmungsschwankungen. Seine Visitenkarte („Sicher, diskret, preiswert“) sieht aus wie von Playmobil.

Wo Krimi draufsteht, ist längst nicht mehr überall im Fernsehprogramm Krimi drin. Sondern Provinzposse, kammerspielhaftes Sozialdrama oder schlicht Klamauk. Im Fall der Hinnerk-Schönemann-Reihe hat die Hamburger Produzentin Claudia Schröder eine Art Nordsee-Western gebastelt. Skurrile Filme mit entschlacktem Krimiplot und lakonischem Witz. Dafür gab’s bereits einen Grimme-Preis, beim Hamburger Filmfest den TV-Produzentenpreis. Zehnender ist kein alberner Zeitgenosse wie etwa der neue Saarbrücker „Tatort“-Ermittler. Sondern ein zaudernder Held, der sich irgendwie durchs Leben mogelt. Auch im Job wurschtelt er sich so durch, hat öfter mehr das Glück als den Verstand auf seiner Seite.

Den Auftrag zum neuen Fall bekommt er, als er gerade lustlos Frauenhintern fotografiert, um einen Fremdgeher auf frischer Tat zu ertappen. Agnes Sonntag, die stellvertretende Staatsanwältin mit Kleinmädchenattitüde, lockt ihn in eine entlegene Hütte am Meer, die wenig später in die Luft fliegen soll. Bevor er protestieren kann, hat Zehender zwei motzige Teenager im Auto — die Kinder des Informanten — und null Ahnung von der Tragweite der Ermittlung.

„MacGuffin“ hat Alfred Hitchcock einen dramaturgischen Aufhänger (hier: die Liste der Steuerflüchtigen) genannt, der alles und auch wieder nichts bedeutet. Hier bietet er hauptsächlich Anlass für ein Roadmovie, in dem gläubige Killer (Roeland Wiesnekker) mit Bibelzitaten vor der Hinrichtung um sich werfen und der aus den Vorgängerfilmen bekannte Ex-Bulle Mühlfellner (Thomas Thieme, der Mann für Superbösewichte) sich ins Weihnachtsmannkostüm schmeißt. Wer sich nicht unbedingt auf einen Krimiabend gefreut hat, der Herzklopfen macht, kommt in puncto Unterhaltung durchaus auf seine Kosten.

Zehender ist nicht animalisch wie Schimanski, er ist nicht modemagazintauglich wie Erol Sanders Istanbuler Kommissar, er ist angenehm alltäglich. Ein Durchschnittslangweiler, der im Grunde nicht zum Protagonisten taugt. Das „Mörderische Jagd“-Team hat gerade das Unspektakuläre zum Alleinstellungsmerkmal erhoben. „Ich liebe es, wenn mich die Leute unterschätzen“, sagt Finn Zehender und grinst über das ganze Jungsgesicht. Amüsant zu sehen, wie jemand, der sich seine Detektivkniffe vermutlich bei den „Drei ???“ abgeschaut hat und Nichtwissen als Taktik verkauft, am Ende der fröhliche Gewinner ist. Hinnerk Schönemann ist der ideale Darsteller für den leicht begriffstutzigen Mann mit Hang zur Selbstüberschätzung, der nur einen Wimpernschlag braucht, um von Genie zu Vollidiot zu wechseln. Und nur ein geknicktes Detektivkärtchen, um mal eben die Welt zu retten.

„Mörderische Jagd“, Mo, 15.4., 20.15 Uhr, ZDF