In Barmbek probt Kirsten Harms derzeit “Vom Ende der Unschuld“ mit der Kantorei St. Nikolai. Die Uraufführung ist am 2. Mai auf Kampnagel.

Hamburg. Schwarzer Anzug, schwarze Weste, weißes Hemd, unterm Arm eine Bibel mit Goldschnitt, auf der Nase die charakteristische Brille mit dem übergroßen Rundgestell. So tritt er auf in der Oper "Vom Ende der Unschuld", der Pazifist und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer. Der Tenor Ferdinand von Bothmer leiht ihm Statur und Stimme. Zurzeit finden in den Räumen eines Off-Theaters in Barmbek die Proben zu der Oper von Stephan Peiffer statt, die der Kirchentag in Auftrag gab. Die Uraufführung ist am 2. Mai auf Kampnagel.

Doch weil die Librettisten Theresita Colloredo und David Gravenhorst die Geschichte nicht als vertonte Biografie angelegt haben, sondern als Parabel, verkörpert der Mann auf der Bühne nicht Dietrich Bonhoeffer, um dessen Lebensmotive und Denken die Oper kreist, sondern eine seinen Charakterzügen nachgebildete Figur. Sie heißt Heman. "Oper kann Historie nicht adäquat abbilden", sagt die Regisseurin Kirsten Harms, die frühzeitig in die Entstehung des Librettos einbezogen war. "Die Oper ist eher für das Unsagbare da, für die Abgründe, für archaische Situationen."

Noch nie in ihrer 30 Jahre währenden Karriere hat sie eine Probe vor Pressevertretern abgehalten. Trotz der unablässig klackenden Fotoapparate arbeitet Harms, von 2004 bis 2011 Intendantin der Deutschen Oper Berlin, hoch konzentriert. Dem auch darstellerisch geforderten Chor, er besteht aus Mitgliedern der Kantorei St. Nikolai, erklärt sie kurz und bündig, was er in jeder Szene tun oder lassen soll. Jede Bewegung, jede Blickrichtung hat ihren Sinn.

Noch ersetzt ein Klavier das Orchester, das Bühnenbild muss man sich denken. Die Szenen mit den starken Sängerdarstellern (drei davon sind von der Deutschen Oper) lassen ahnen: Kirchentag und Musiktheater - das geht überraschend gut zusammen.