Geschäftsführer Ove Saffe verkündet offiziell Gespräche über Zukunft der Chefredaktion

Hamburg. Eine Ehrenerklärung klingt anders: Als sich "Spiegel"-Geschäftsführer Ove Saffe am Montagvormittag vor die Redaktion des Nachrichtenmagazins stellte, sagte er zwar, dass es keinen Beschluss zur Ablösung der Chefredakteure Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron gebe. Er fügte aber hinzu, dass er derzeit intensive Gespräche mit den "Spiegel"-Gesellschaftern führe. Es sei nicht auszuschließen, dass am Ende dieser Gespräche eine Veränderung der Chefredaktion stehen werde.

Mit seiner Erklärung reagierte Saffe auf eine am Freitagabend publizierte Recherche des Hamburger Abendblatts. Darin war erstmals berichtet worden, dass der "Spiegel" offenbar überlegt, sich von seinen beiden Chefredakteuren zu trennen. Hintergrund dieser Entscheidung ist ein Zerwürfnis der beiden, das eine Verzahnung von Print und Online unmöglich macht. Mascolo ist für den gedruckten "Spiegel", Müller von Blumencron für die digitalen Angebote des Nachrichtenmagazins verantwortlich.

Saffes Erklärung bestätigt im Kern - wenn auch sehr verklausuliert - den Bericht des Hamburger Abendblatts. Es hatte zu keinem Zeitpunkt von einem formellen Trennungsbeschluss der Gesellschafter berichtet. Vielmehr war in dem Stück stets von einer "beabsichtigten Trennung" die Rede. In einer Sitzung der Ressortleiter später am Montag formulierte es Geschäftsführer Saffe nach einem Bericht des Branchendienstes "meedia" offenbar klarer: Die beiden Chefs sollen tatsächlich weg.

Die "Spiegel"-Gesellschafter - die Mitarbeiter KG, das Zeitschriftenhaus Gruner + Jahr sowie die Erben von "Spiegel"-Gründer Rudolf Augstein - hatten sich bereits vor Monaten informell darauf verständigt, künftig auf Mascolos und Müller von Blumencrons Dienste zu verzichten. Auf Grundlage dieser Absichtserklärung wird nun ein neuer Chefredakteur gesucht. Als mögliche Kandidaten gelten der Verleger der Wochenzeitung "Der Freitag", Jakob Augstein - der Stiefsohn des "Spiegel"-Gründers -, sowie dpa-Chefredakteur Wolfgang Büchner.

Saffes hinhaltende Erklärung wird in Verlagskreisen als ungeschickt empfunden. Ein leitender Redakteur, der dem Geschäftsführer an sich gewogen ist, spricht von "Führungsversagen". Ein klarer Schnitt wäre besser gewesen.

Tatsächlich droht dem "Spiegel" nun eine ähnliche Hängepartie wie vor fünfeinhalb Jahren: Seinerzeit war vorzeitig bekannt geworden, dass sich das Nachrichtenmagazin von seinem damaligen Chefredakteur Stefan Aust trennen wollte. Was folgte, war eine quälend lange Nachfolgersuche, während der Aust weiterhin den "Spiegel" verantwortete.