Neue kritisch-humorvolle Arbeiten von Jim Avignon bei Feinkunst Krüger. Es ist Avignons vierte Einzelausstellung.

Feinkunst Krüger. In den unendlichen Weiten des Datennetzes kann man schon mal verloren gehen. Auch der deutsche Pop-Art-Künstler Jim Avignon setzt sich in seiner aktuellen Ausstellung mit dem rasanten Tempo der modernen Welt, den fragwürdigen Segnungen der Technik und dem Scheitern des Individuums an beidem auseinander. Avignon selbst ist mit seinen Wurzeln in der Rave-Kultur ein Vertreter der Generation Techno. Auch wer kein Kunstexperte ist, hat schon mal ein Avignon-Bild gesehen. Sei es auf einem Plattencover, einem Flugzeug oder einer "Swatch"-Uhr.

Derzeit ist seine vierte Einzelausstellung mit 70 Arbeiten bei Feinkunst Krüger zu sehen. Hinter dem Titel "How I met the internet" blickt er hinter scheinbar vordergründiger Malerei und hübschen Fantasie-Figuren mit kritikgeweitetem Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen. Hingucker ist aber zunächst der in der Ecke rotierende Plattenspieler aus Kartonage. Den hat Avignon kurz vor der Vernissage gebastelt, ein paar schmucke Plattenhüllen dazu entworfen. Und natürlich hat der Vielseitige auch als "Ein Mann Heimelektronikband" Neoangin einen Auftritt hingelegt.

An den Wänden wieder sein wundervoller Mix aus expressionistischer Malerei mit Cartoons entlehnter Figuration auf Papier oder Karton. Der Humor doppelbödig, wie immer bei Avignon. Aus der Schild- wird da eine abgebrannte "Schuldkröte, aus dem Strip- wird der "Stricktease" eines balzenden Paares. Gerne streut der Künstler auch kleine Gesellen mit Wiedererkennungswert ein. Das niedliche Gespenst etwa, das dem Künstler in "Kunst essen Seele auf" im Hirn herumspukt und auf der "Wallstreet" zwischen gierigen Bankern umherspaziert.

Neben dem titelgebenden Motiv "How I met the internet" gibt es auch das Gegenstück "How I lost the internet". Es zeigt ein deprimiertes Smartphone mit Schal und Stock. Die Generation Katzenjammer, sie beschert im "Club der Verlierer" oder hockt im "Sorgenkeller". Es finden sich auch literarische Bezüge in Avignons bunten Bilderwelten. "Man hit by a tree" erinnert an den Dichter Ödön von Horváth, der auf dem Champs Elysées während eines Gewitters von einem herabstürzenden Ast erschlagen wurde.

Jim Avignon, der nach längerem Aufenthalt in New York wieder in Berlin lebt, war schon immer schneller und produktiver als andere. Nach eigenen Angaben malt er bis zu fünf Bilder am Tag. Die Subversion des 44-Jährigen manifestiert sich in seiner Verweigerungshaltung dem hochtourigen und hochpreisigen Kunstbetrieb gegenüber. Daran haben auch die Jahre des Erfolges nichts geändert. Längst jettet Avignon in künstlerischer Mission um die ganze Welt. Viele seiner Werke sind noch immer für wenige Hundert Euro zu haben, was ihn zum Helden der Cheap-Art erhob. Zwischen 100 Euro und dem Zehnfachen muss man bei Feinkunst Krüger für einen echten Avignon hinblättern.

Es lohnt sich in der Galerie von Ralf Krüger immer auch, den Weg über die schmale Treppe in die Kellerräume zu wählen. Gleich neben der Bar hängt da eine "Dorfschönheit". Im winzigen Nebenraum hat Avignon männliche Typisierungen in Zeichnungen mit Buntstift auf Notenpapier gebannt. Liebenswerter als in seinem "Weirdo" hat wohl noch niemand einen bebrillten Nerd mit in alle Richtungen sprießendem Bart verewigt.

Jim Avignon: "How I met the internet" bis 27.4., Feinkunst Krüger (S Stadthausbrücke), Kohlhöfen 8, Do/Fr 12.00-19.00, Sa 12.00-18.00 u. n. Vereinb.; www.feinkunst-krueger.de