Jazzclub Birdland vor Schließung. Gabriele Benedix, Leiterin des Jazzbüros Hamburg, denkt über erneuten Anlauf für eine eigene Spielstätte nach.

Hamburg. Wie sang die Kapelle Geier Sturzflug vor 30 Jahren zu den Hochzeiten der Friedensbewegung? Besuchen Sie Europa, solange es noch steht. Leicht abgewandelt, gilt diese Besuchsempfehlung in den kommenden Wochen dem Jazzclub Birdland, der nur zwei Jahre jünger ist als das Endzeit-Mahnlied von Geier Sturzflug. Ende Juni wird der Club schließen, nach 28 Jahren ununterbrochenem Betrieb. Am heutigen Sonnabend gastiert dort die Sängerin Cécile Verny mit ihrer Band.

Wo wird sie, wo werden all die anderen bekannten und weniger bekannten Jazzmusiker auftreten in Hamburg, wenn es auch das Birdland nicht mehr gibt? Diese Frage treibt neben Liebhabern und Ausübenden dieser Musik derzeit auch Gabriele Benedix um, die Geschäftsführerin des Jazzbüro Hamburg e. V. Der 1996 gegründete gemeinnützige Verein wirkt als offizielles Aushängeschild der Hamburger Jazzszene, weil er im Bereich Jazz der einzige Empfänger institutioneller Zuwendungen seitens der Stadt ist. Im Zuge der Ursachenforschung nach dem Aus des Jazzprogramms im Stellwerk und dem nahenden Birdland-Ende steht nun auch das Jazzbüro in der Kritik.

Nicht genug Lobbyarbeit habe das Büro geleistet, monierte Elbjazz-Geschäftsführerin Tina Heine vor wenigen Tagen im Abendblatt-Interview. Und Heiko Langanke, der wie die Birdland-Betreiber Dieter und Heidi Reichert über Jahre erfolglos versuchte, sein ambitioniertes Jazzprogramm im Stellwerk mithilfe einer institutionellen Förderung durch die Kulturbehörde auf etwas solidere Füße zu stellen, sagt: "In letzter Konsequenz sollte und kann die Behördenstelle für Rock, Pop und Jazz bald um ein Drittel - nämlich den Jazz - gekürzt werden. Und auch das Jazzbüro Hamburg als vermeintliche Interessenvertretung kann und sollte eingespart werden. Denn, so absurd es klingt, alle Beteiligten wissen: Ohne diese Stellen wäre es nicht so schlimm gekommen." Wer Einsparvorschläge solch gallenbitterer Art unterbreitet, sei eben "maßlos enttäuscht von der Stadt", sagt Gabi Benedix und kann den Neid, der in Langankes Bemerkung auch zum Ausdruck kommt, gut verstehen. "Das Jazzbüro ist ein Förderungskind der Stadt", sagt sie. "Die Clubbetreiber versuchen mit sehr viel Einsatz neben ihren eigentlichen Jobs was auf die Beine zu stellen, und werden ständig frustriert."

Doch Frau Benedix sieht sich gar nicht in erster Linie als Lobbyistin des Jazz: "Wir sind für die Unterstützung der Jazzmusiker da", sagt sie. Ihr Büro veranstaltet einmal im Jahr das Umsonst-und-draußen-Festival Jazz Open. Es versteht sich als Ratgeber und Vermittler zwischen Interessenten und Anbietern von Jazz - Unterricht, Konzerte, Ausbildung.

Und es will das bescheidene Hamburger Jazzleben auch über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt machen. "Wir haben am Anfang auch Elbjazz geholfen, wie das mit der Gema und der KSK geht", sagt Benedix.

Den Traum von der eigenen Spielstätte, einst erklärtes Ziel der im Jazzbüro zusammengeschlossenen aktiven Musiker, hatte man nach der Bauchlandung mit der Übernahme von Dennis' Swing Club in den 90er-Jahren ziemlich aus den Augen verloren. Nun ist er wieder ganz aktuell. "Eine feste Spielstätte, quasi das moderne Onkel Pö für den Jazz", nennt Benedix jetzt als Vision. Tatsächlich erscheinen 15.000 bis 20.000 Euro pro Jahr für ein Open-Air-Festival, das schau- und hörlustige Park-Flaneure in Planten un Blomen auf den Besuch regulärer Club-Auftritte neugierig machen soll, als Fehlinvestition, wenn diese Clubs gar nicht mehr existieren.

Die Kulturbehörde finanziert das Jazzbüro mit 64.000 Euro pro Jahr für Büro, Personal- und Sachkosten inklusive Jazz open, hinzu kommen 26.000 Euro für Überjazz. Weitere milde Gabe: 15.000 Euro für "kleine Reihen" - die derzeit etwa im Hafenbahnhof, in der Bar 227 oder im Cotton Club laufen, und 25.000 Euro für Elbjazz. Macht 130.000 Euro pro Jahr - zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. Die Einrichtung einer Spielstätte aus eigener Kraft bleibt damit jedenfalls noch ein Traum.