Thomas Vinterbergs “Die Jagd“ mit Mads Mikkelsen in der Hauptrolle ist ein packendes Drama um Lügen und Vorurteile, das zeigt, wie schnell sich Gerüchte verselbständigen können.

Kindergärtner Lucas (Mads Mikkelsen) hat schon bessere Tage gesehen. Die Schule, an der er vorher als Lehrer unterrichtet hat, wurde geschlossen. Und seine Ehe ist auch gescheitert. Seinen Sohn Marcus (Lucas Fogelstrom) darf er nur alle zwei Wochen sehen. In seinem neuen Job kommt er gut zurecht und ist beliebt. Besonders gern mag ihn Klara (Annika Wedderkopp), die verträumte kleine Tochter eines befreundeten Ehepaars. Als sie ihm aus lauter Zuneigung ein kleines Geschenk macht und einen Kuss gibt, schrillen bei ihm die Alarmglocken, er geht auf vorsichtige Distanz.

Klara rächt sich für die Zurückweisung, indem sie ihn fälschlicherweise beschuldigt, er habe sie sexuell belästigt. Die Kindergartenleiterin will das nicht glauben, bittet dann aber doch einen Psychologen zu einem gemeinsamen Gespräch mit Klara, in dem sie ihre Vorwürfe bestätigt. Das löst eine Kettenreaktion aus. Lucas wird von seiner Arbeit freigestellt. Die Nachricht verbreitet sich in der kleinen Gemeinde wie ein Lauffeuer. Er versucht sich lange vergeblich gegen die ungerechtfertigten Vorwürfe zu wehren. Aber das losgetretene Misstrauen und die Hysterie lassen sich kaum noch bändigen. Wie bei einem Dominoeffekt wenden sich nach und nach Freunde, Bekannte und Gemeindemitglieder von ihm ab. Schließlich platzt Lucas der Kragen.

Das Drama "Die Jagd" zeigt auf frappierend-beängstigende Weise, wie schnell Gerüchte und Vorurteile sich verselbstständigen können, wenn die Ausgangssituation nicht mehr kritisch hinterfragt wird. Regisseur Thomas Vinterberg zeigt diese Hexenjagd in ihrer Unerbittlichkeit mit raffiniert-perfider Mechanik. Der dänische Regisseur konnte 15 Jahre nach seinem Spielfilmdebüt, dem Dogma-Film "Das Fest", ebenfalls ein Missbrauchsdrama, wieder einen Erfolg erzielen. Hier kann er sich auf einen großartigen Mads Mikkelsen verlassen, der für die Rolle in Cannes als bester Schauspieler ausgezeichnet wurde. Aber auch Annika Wedderkopp macht ihre Sache sehr gut. Der Titel ist zwar durch den Inhalt gedeckt, verweist aber zugleich auf eine überdeutliche Symbolik, der der Film immerhin noch einen überzeugenden Schlusseinfall verdankt.

Bewertung: empfehlenswert

"Die Jagd" Dänemark, Schweden 2012, 111 Min., ab 12 J., R: Thomas Vinterberg, D: Mads Mikkelsen, Annika Wedderkopp, Thomas Bo Larsen, Susse Wold, täglich im Holi, Studio-Kino, Zeise; Internet: www.diejagd-film.de