Salman Rushdie hat für die Verfilmung seines 30 Jahre alten Romans “Mitternachtskinder“ auch das Drehbuch verfasst - und zu viel gewollt.

Die Babys, die in Indien in den ersten Sekunden des 15. August 1947, dem Tag der Unabhängigkeit, geboren werden, nennt man "Mitternachtskinder". Man spricht ihnen außergewöhnliche Fähigkeiten zu. Dazu gehören auch die Jungen Shiva und Saleem. Eine Krankenschwester vertauscht sie nach ihrer Geburt absichtlich, weil sie an das revolutionäre Motto "Aus Arm wird Reich, aus Reich wird Arm" glaubt. Von nun an wächst der Sohn einer armen Familie bei reichen Eltern auf und umgekehrt. Protagonist Saleem (als junger Mann: Shriya Saran) besitzt eine einzigartige Gabe: Wenn er will, kann er die anderen Mitternachtskinder um sich scharen, als Folge seiner telepathischen Fähigkeiten. Fünf Jahrzehnte folgt der Film dem Schicksal der ungleichen Gleichaltrigen und ihren Familien. Sie sind reich an skurrilen und tragischen Ereignissen und dabei stets intensiv mit der wechselvollen Geschichte Indiens und Pakistans verbunden.

"Mitternachtskinder" ist der opulente Roman, der Salman Rushdie 1980 zu seinem literarischen Durchbruch verhalf. Für die Verfilmung hat der Autor mehr als drei Jahrzehnte später selbst das Drehbuch geschrieben, die Regisseurin ausgesucht und agiert in der Originalfassung als Off-Erzähler. Trotz dieser bemerkenswerten Voraussetzungen ist es Deepa Mehta nur bedingt gelungen, den überbordenden komplexen Stoff adäquat für das Kino umzusetzen. Das mag daran liegen, dass der studierte Historiker Rushdie weder auf viele Details der Familiengeschichte noch auf geschichtliche Hintergründe verzichten wollte, damit eine erzählerisch wirkungsvoll reduzierte Version des Romans präsentiert werden kann.

Der Film ist übervoll mit Ereignissen und Personen, denen man aber nicht wirklich nahekommt. Dabei bietet dieser wie ein Schelmenroman angelegte Film jede Menge Augenfutter und magischen Realismus. Vielleicht war die kanadische Regisseurin indischer Herkunft ("Water", "Fire") doch ein wenig eingeschüchtert vom Ruf des Werks und des Autors. Der wiederum mochte sich nicht an den branchenbekannten Rat halten, dass der Letzte, der einen Roman für die Leinwand adaptieren sollte, derjenige ist, der ihn selbst geschrieben hat.

Bewertung: annehmbar

"Mitternachtskinder" Kanada/GB 2012, 148 Min., ab 12 J., R: Deepa Mehta, D: Shriya Saran, Satya Babha, Shahana Goswami, Rajat Kapoor, täglich im Abaton, auch (OmU); www.mitternachtskinder-derfilm.de