Die Arkells aus der hässlichen Industriestadt Hamilton zählen zu den besten jungen Rockbands in Kanada. Am 3. April spielen sie in Hamburg.

Auf dem Weg von Toronto zu den Niagarafällen muss man zwangsläufig an Hamilton vorbei, einer hässlichen Industriestadt mit einem Hafen, zwei Stahlwerken und etwa einer halben Million Einwohnern. Viele Leute versuchen von hier wegzukommen und es in die Metropole Toronto mit ihren Universitäten, Musikclubs und angesagten Restaurants zu schaffen. Die Arkells aber stehen zu Hamilton. Ihr Debütalbum haben sie "Jackson Square" genannt. Das wäre etwa so, als würden Tocotronic eine Platte "Elbe Einkaufszentrum" betiteln. "Diese Mall repräsentiert für uns das Herz von Hamilton. Es ist ein Ort, der uns aber auch vielen anderen Leuten eine Menge bedeutet. Es geht um den Geist, der diesen Ort ausmacht", sagt Keyboarder und Gitarrist Dan Griffin.

Auch in anderen Songs taucht die Heimatstadt immer wieder auf. "Take me back to Hamilton", singen sie in "Book Club", in "On Paper" geht es um einen durchzechten Abend in einer Bar der am Ontario-See gelegenen Stadt. Auch "Where U Going" und "Bloodlines", alle vom zweiten Album "Michigan Left", enthalten Reverenzen an Hamilton. "Ich mag es, wenn Bands über Orte und Dinge singen, die es wirklich gibt. Unsere Band haben wir etwa nach der Straße benannt, in der unser Gitarrist Mike DeAngelis und ich während unseres Studiums gelebt haben, der Arkell Street", erzählt Max Kerman.

Der Sänger schreibt meistens Texte über Alltagssituationen und ergeht sich in Gedankenspielen. Er versetzt sich etwa in John Lennon, der im Jahr 1967 einen Song schreiben will, reflektiert über Champagner-Sozialisten und hängt den Gedanken nach, die am Silvesterabend kommen, wenn man mit einer Alkoholflasche in der Hand, aber ohne vernünftige Perspektive für das kommende Jahr irgendwo herumsteht.

Wenn die Arkells am 3. April im Molotow spielen, wird das während ihrer ersten Deutschland-Tournee als Headliner sein. In Hamburg hat das Quintett, zu dem als Rhythmusgruppe noch Nick Dicka (Bass) und Tim Oxford (Schlagzeug) gehören, bereits im vergangenen September beim Reeperbahn-Festival einen herausragenden Eindruck hinterlassen. Die Prinzenbar war überfüllt, vor dem Eingang stand eine große Traube von Festivalbesuchern, die unbedingt in den Club wollten, um die Kanadier live zu erleben, aber keine Chance hatten hineinzukommen. Der Auftritt der Arkells war so energetisch, dass niemand die Prinzenbar verlassen wollte, bevor nicht der letzte Gitarrenakkord verklungen war. Ein paar Wochen später waren die Jungs aus Hamilton hierzulande wieder unterwegs, diesmal im Vorprogramm ihrer Landsleute Billy Talent. Auch in den großen Hallen hinterließen sie einen starken Eindruck, aber Billy-Talent-Fans sind an härterer Gangart interessiert, als sie die Arkells bieten wollen.

Vielleicht würde die Newcomer-Band besser als sogenannter Support-Act zu Bruce Springsteen oder zu amerikanischen Westcoast-Bands passen. Der Sound erinnert mit den vielschichtigen Gitarren- und Keyboard-Linien, den eingängigen Refrains und den Chören manchmal an 70er-Jahre-Gruppen oder an authentische und erdige Rockmusik, für die Springsteen steht. "Eigentlich sind wir eine Band aus der Arbeiterklasse", erklärt Dan Griffin. Zu Beginn ihrer Karriere mussten die Bandmitglieder den Spagat hinbekommen, ihre normalen Jobs und die Auftritte in Einklang zu bringen. Jetzt vergleicht der Gitarrist sein Leben als Profimusiker mit dem eines Vertreters. "Wir steigen jeden Morgen in einen Van und schlagen dann abends an immer anderen Orten auf. Wir lieben unsere Musik, aber es fühlt sich im Grunde nicht anders an als jeder andere Job. Du musst ordentliche Arbeit abliefern."

In Kanada sind sie für die Ernsthaftigkeit ihres Tuns und die Qualität ihrer beiden Alben bereits mit wichtigen Musikpreisen belohnt worden. 2010 gewann die Power-Pop-Band den Juno Award, das kanadische Pendant zum Grammy, in der Kategorie "beste neue Band" und wurde eingeladen, bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver aufzutreten. Das war der Lohn für das Debütalbum "Jackson Square". Zwei Jahre später legten die Arkells mit "Michigan Left" nach und gewannen die wichtige Kategorie "Gruppe des Jahres". Andere nordamerikanische Bands wurden auf die Combo um Sänger Max Kerman aufmerksam, die Arkells gingen unter anderem mit Metric, Pearl Jam und dem Allstar-Trio Them Crooked Vultures auf Tournee.

Doch die Rolle des Einpeitschers will die Band jetzt hinter sich lassen. Das Zeug, groß zu werden, besitzt sie, wie man aus ihren beiden Alben heraushören kann. Während "Jackson Square" noch etwas härter und wütender klingt, integriert die Gruppe auf "Michigan Left" mehr Pop-Elemente in die Songs, was den Sound abwechslungsreicher und etwas leichter werden lässt. Bei den Konzerten setzt sie eine Menge Energie frei, doch sie verschreckt keinen Zuhörer, sondern nimmt ihn dank mitsingbarer Refrains und Soul-Einschlag mit auf eine Reise durch das breite Fahrwasser der Rockmusik.

Arkells Mi 3.4., 21.00, Molotow (U St. Pauli), Spielbudenplatz 5, Karten 13,90 im Vorverkauf; www.arkells.ca