Hamburger Verlag will nach schlechtem Geschäftsjahr wieder Tritt fassen. Stärkung etablierter Blätter wie “Stern“ und “Brigitte“ geplant.

Hamburg. Es gibt mehrere Möglichkeiten, das Geschäftsjahr 2012 von Gruner + Jahr auf den Begriff zu bringen. Auf der Bilanzpressekonferenz des Hauses sagte dessen Pressesprecher, 2012 sei "turbulent" gewesen. Finanzvorstand Achim Twardy nannte die Begriffe "bewegt" und "nicht einfach". Und seine Vorstandskollegin Julia Jäkel fand, dass es "kein gutes Jahr" war.

2012 hat Gruner + Jahr unterm Strich elf Millionen Euro Verlust gemacht. Es gibt gute Gründe, das vergangene Geschäftsjahr für das schlechteste in der Geschichte des Hauses zu halten. 2009 lag der Verlust zwar bei 18 Millionen Euro. Aber das lag damals vor allem an den unrentablen deutschen Tiefdruckstandorten des Verlags, die längst an das Schwesterunternehmen Prinovis weitergereicht wurden. Mit dem Portfolio von heute hätte G+J 2009 33 Millionen Euro Gewinn gemacht.

Erklären lässt sich die miserable Bilanz 2012 mit den 47 Millionen Euro, die im Zusammenhang mit der Einstellung der "Financial Times Deutschland" - vor allem für Abfindungen - fällig wurden. Hinzu kommt eine Sonderabschreibung in Höhe von 37 Millionen Euro auf die offenbar unverkäufliche US-Druckerei Brown Printing sowie eine weitere in Höhe von 22 Millionen Euro auf das von der Krise schwer gebeutelte Spanien-Geschäft des Verlags. Immerhin müssen die Beschäftigten im Verlagshaus am Baumwall nicht auf ihre Mitarbeiterbeteiligung von 20 Prozent eines Monatsgehalts verzichten. In deren Berechnung fließen die erwähnten Sondereffekte nicht mit ein. Im Übrigen verspricht Twardy für 2013 einen "angemessenen Gewinn".

Wieder Tritt fassen, will Gruner + Jahr durch die Stärkung etablierter Blätter wie "Stern" und "Brigitte", die Entwicklung neuer Titel sowie durch effizientere Strukturen. Entscheidend für die Zukunft des Verlags dürfte aber sein, ob Gruner + Jahr bei der Digitalisierung vorankommt. Der Nachholbedarf des Hauses ist enorm. Es spricht Bände, dass erst seit wenigen Tagen die seit 2002 (!) nicht mehr aktualisierte Website des Unternehmens einen neuen Look hat. Nun sollen die Inhalte der G+J-Blätter zügig digitalisiert werden. Ein weiterer Ausbau der Digitalvermarktung ist ebenfalls geplant.

Am interessantesten ist aber der Punkt, den Julia Jäkel mit dem Anglizismus "Communities of Interest" vorstellte. Dahinter steckt die Idee, Usern, die sich beispielsweise für Kochen interessieren, auf verlagseigenen Sites wie Chefkoch.de nicht nur jede Menge journalistisch aufbereitete Informationen, sondern auch Produkte anzubieten. Vom Kochtopf über edle Gewürze bis zum Tranchiermesser ist da vieles denkbar. Und das Konzept lässt sich ausweiten - etwa auf Wohn-, oder Beauty-Portale. Und Usern der Sites des G+J-Magazins "Dogs" könnte man Hundefutter offerieren. Es wäre ein Einstieg in den E-Commerce im großen Stil, den G+J bisher scheute.

Zu Details hielt sich der Vorstand seltsam bedeckt. Weder wollte er sagen, welche Summe ihm für Investitionen zur Verfügung steht, noch wie hoch bisher der Anteil der Digitalerlöse am G+J-Umsatz ist, der 2012 bei 2,218 Millionen Euro lag. Unklar blieb auch, woher die Mittel für die geplanten Investitionen kommen sollen. Im Umfeld des ehemaligen G+J-Vorstandsvorsitzenden Bernd Buchholz hatte man sich stets beklagt, dass die Gesellschafter des Verlags - neben dem Medienkonzern Bertelsmann die Hamburger Verlegerfamilie Jahr - Gewinne stets abschöpften, was größere Investitionen etwa ins Digitalgeschäft unmöglich mache. Bisweilen entstand der Eindruck, dass die Gesellschafter über das Investitionsvolumen und die Investitionsziele noch gar nicht entschieden haben.

Fraglich ist zudem, ob es für eine groß angelegte Digitaloffensive nicht schon zu spät ist. Die Claims im Netz sind längst abgesteckt. Wer neu hinzukommt, muss schon Besonderes bieten. Aber Gruner + Jahr hat keine andere Wahl. Julia Jäkel weiß das: "Wir werden bewusst darauf verzichten, in den nächsten Jahren Rekordergebnisse zu publizieren", sagte sie. "Wir werden investieren." Und dann fügte sie mit etwas Pathos in der Stimme hinzu: "Es geht schließlich um die Zukunft eines der größten Inhaltehäuser der Welt."