Die Freie Akademie der Künste feiert den 250. Geburtstag des Dichters Jean Paul mit einem Lese-Abend

Freie Akademie. Von Goethe weiß oder glaubt man zu wissen, dass er täglich zwei Liter Wein trank. Es ist dem Werk der gewaltigsten aller deutschen Geistesgrößen nicht schlecht bekommen. Goethes Zeitgenosse Jean Paul stammte zwar aus einer Anbauregion des Traubensaftes, sprach aber noch lieber als dem Wein und dem Likör dem Bier zu. Man muss da jetzt nicht unbedingt Schlüsse über die je unterschiedliche Wirkmächtigkeit geistiger Getränke ziehen, fest steht aber: Goethe galt und gilt als Universalgenie, Jean Paul als ewig unterschätzter Autor, der wie auch Hölderlin oder Kleist weder der Epoche der Klassik noch der Romantik zuzuordnen ist. Und weil eine runde Jahreszahl immer ein Anlass ist, gibt es nun die Gelegenheit, sich mit dem 1763, also vor 250 Jahren, als Johann Paul Friedrich Richter in Wunsiedel geborenen Dichter mal wieder oder erstmals eingehend zu beschäftigen.

Der Pastorensohn lebte und starb nach Wanderjahren in Leipzig und Weimar in Bayreuth. Er hinterließ den zu seiner Zeit gefeierten Roman "Hesperus oder 45 Hundposttage" und die unter Germanisten hoch angesehenen Romane "Titan" und "Flegeljahre". Wenn er an diesem Montagabend mit einem Jean-Paul-Abend in der Freien Akademie der Künste gefeiert wird, dann werden seine schönen und verwinkelten, seine schimmernden und dunkel leuchtenden Sätze die Hauptrolle spielen.

Als Gastgeber der Veranstaltung, der den entzückenden Namen "Aus den Stuben über Sterne" trägt, treten Wolfgang Hegewald und Brigitte Kronauer auf, Jens Harzer liest aus den Werken des Meisters. Die Romane der gefeierten Nienstedtener Schriftstellerin Kronauer befinden sich durchaus in ästhetischer Verwandtschaft mit denen Jean Pauls, auch sie geht auf kunstvolle Weise Umwege in ihren Sätzen. Jean Pauls "Hesperus" schäumt über vor lauter Fabulierungslust, eine Liebesgeschichte wie die von Viktor und Klotilde liest man heute so sicher nicht mehr. Aber man benutzt hin und wieder noch das Wort "Schmutzfink", das Jean Paul in "Hesperus" in die deutsche Sprache einführte.

Weil Jean Paul, der dem empfindsamen einen satirischen Einschlag beigesellte, seine Texte eher anarchisch gestaltete, konnte er nicht auf die Sympathie der formstrengen Klassiker Goethe und Schiller hoffen. Goethe ignorierte Jean Paul weitgehend, der den Namen "Schang Pohl", wie seine Zeitgenossen wohl radebrechend sagten, als Hommage an sein Idol Jean-Jacques Rousseau wählte.

Jean Paul war ein 100-Prozent-Dichter: einer, der nie etwas anderes sein sollte. Für ein paar glückliche Jahre war er in den deutschen Ländern ein Literaturstar. Später nahm sein Ruhm dann wieder ab, aber Jean Paul konnte von der Schriftstellerei leben. Er starb 1825 und hinterließ etwa 40.000 Seiten an nachgelassenen Schriften. 11.000 Seiten waren zu seinen Lebzeiten veröffentlicht worden. Helmut Pfotenhauer erzählt in seiner Biografie "Das Leben als Schreiben" (Hanser Verlag) vom Auftrag Pauls an seine Frau, dass, wenn er verreist sei und das Haus brenne, zuerst die Exzerpte in Sicherheit zu bringen seien - und erst dann die Familie.

Entdeckt wurde Jean Paul von dem Kollegen Karl Philipp Moritz, der das Manuskript von Jean Pauls Debüt "Die geheime Loge" an einen Verleger weiterreichte. Fans hatte Jean Paul immer. Sie reichen von Hugo von Hofmannsthal über Stefan George, der ihn um die vorletzte Jahrhundertwende wiederentdeckte, über Gustav Mahler bis hin zu Arno Schmidt und Brigitte Kronauer.

"Aus den Stuben über Sterne" Jean Paul zum 250. Geburtstag mit Brigitte Kronauer, Wolfgang Hegewald und Jens Harzer, Mo 25.3., 19.00, Freie Akademie der Künste (U/S Hauptbahnhof, Klosterwall 23, Karten 10,-/erm. 7,-