Klaus-Peter Wolf hat großen Erfolg mit seiner Ostfriesen-Krimireihe. Eine Begegnung beim Tee in Norden

Norden. Es wirkt wie ein Klischee: Der Autor einer Ostfriesenkrimireihe sitzt in einem Café in Ostfriesland, trinkt Ostfriesentee, isst Apfelkuchen und schreibt per Hand den achten Teil seiner Krimiserie. Mit einem Silberfüller mit Marienkäfern drauf. Doch was klischeehaft klingt, ist Realität. Die Realität von Klaus-Peter Wolf - Wahlostfriese, Filmemacher, Erfolgsautor. Mit "Ostfriesenmoor", dem jetzt veröffentlichten siebten Teil seiner Krimireihe um Kommissarin Ann Kathrin Klaasen landete Wolf direkt auf Platz zwei der Spiegel-Taschenbuchbestsellerliste. "Ostfriesland war für mich immer der Ort der Sehnsucht. Ich habe mich noch niemals so Zuhause gefühlt, wie hier in Norden", sagt der gebürtige Gelsenkirchener.

An einem Ecktisch im Café ten Cate sitzt der Mann, der mit seinen Filmen und Büchern ein Millionenpublikum begeistert. Lässige graue Jeans, halb offenes schwarzes Hemd, darüber rote Hosenträger, rote Brille. Die Haare sind vom Wind etwas zerzaust. Er gleicht fast der Karikatur eines ostfriesischen Schriftstellers. Während er erzählt, rührt Klaus-Peter Wolf etwas fahrig im Tee und schüttet sich die Hälfte des heißen Getränks über die Hose. "So was passiert mir ständig. Ein Teil vom Kopf ist immer im Roman. Das ist auch doof."

Wäre es nach Wolfs Verlegern gegangen, hätte es diese Romane nicht gegeben. "Es gab Zeiten, da hieß es, Spannungsliteratur von deutschen Autoren läuft nicht", erzählt er. Der Vorschlag an Wolf: "Leg dir ein amerikanisches Pseudonym zu, KP Woolf funktioniert doch gut, und lass Deine Romane in New York spielen oder in London." Das wollte Wolf nicht. Er schreibt wie geplant, veröffentlicht unter seinem richtigen Namen und lässt seine Krimis in der ostfriesischen Provinz spielen, benutzt die ostfriesische Landschaft als Protagonist seiner Handlungen und macht zum Beispiel die Nordsee zur Mordwaffe. Der Erfolg gab ihm Recht. 2007 erschien der erste Band "Ostfriesenkiller", 2008 folgte "Ostfriesenblut", 2009 kam "Ostfriesengrab", 2010 "Ostfriesensünde", 2011 "Ostfriesenfalle" - Bestsellerliste Platz 28. 2012 erreichte er mit "Ostfriesenangst" Platz 9. Der aktuelle Band "Ostfriesenmoor" landete direkt auf Platz 2. Schon jetzt steht der Titel des nächsten Bandes fest: 2014 erscheint "Ostfriesenfeuer".

Wolf bedient in seiner Reihe wirklich jedes Klischee über Ostfriesland. Für manchen Leser auch über das erträgliche Maß hinaus. Kein Band ohne den regelmäßigen Ostfriesentee mit Kluntjes, Krintstuut (plattdeutsch für Rosinenbrot), Sanddornkekse oder den Spaziergang an der vom Sturm aufgerauten Nordsee samt Krabbenbrötchen. Aber er bleibt nicht an den Klischees hängen. Er ist nah dran an seinen Figuren, blickt dorthin, wo es weh tut und lässt uns in die Abgründe der menschlichen Seele blicken.

Ein solcher Abgrund öffnet sich auch in "Ostfriesenmoor". Ein Täter spannt die Haut eines toten Mädchens auf einen Metalldraht und formt so den Körper des Mädchens nach, versenkt ihn später im Uplenger Moor. Kurz nach dem Leichenfund wird ein kleines Mädchen aus einem Kinderwagen vor der Apotheke in Norden gestohlen, bald darauf verschwindet ein zweites Kind. Was treibt einen Menschen zu solchen Taten? Auf 490 Seiten lässt Wolf in die gestörte Innenwelt des Täters blicken, lässt aber auch teilhaben an den Ängsten und Nöten seiner Ermittler.

"Ich habe an anderen Romanen oft bemängelt, dass die Figuren so holzschnittartig sind und nicht leben", sagt Wolf. Stattdessen nimmt er selbst reale Personen zum Vorbild. Auch das Café, in dem er so gern sitzt, Tee trinkt und schreibt, kommt in seinen Büchern vor.

Es gibt Leser, die genau das kritisieren. "Grundsätzlich mache ich Bücher für Menschen, die mögen, was ich mache", sagt Wolf achselzuckend. "Ich werde es nicht anders machen, um Leuten zu gefallen, die etwas ganz anderes lesen wollen. Wer den düsteren, anonymen Großstadtkrimi lesen will, der ist bei mir richtig falsch." Rund 700.000 seiner Ostfriesen-Krimis haben sich mittlerweile verkauft.

Wolf schwimmt auf einer Erfolgswelle - und auch wenn er das nicht an die große Glocke hängt, er genießt es. Denn er kennt auch andere Zeiten: Im Alter von 25 Jahren hatte er 2,7 Millionen Mark Schulden, nachdem der Literarische Verlag Braun, dessen Geschäftsführer Wolf war, pleite ging. "Das gipfelte darin, dass ich für meine kleine Tochter Pampers geklaut habe." Diese Zeiten sind vorbei. "Der Erfolg gibt mir die Möglichkeit das zu tun, was ich möchte", sagt Wolf. Schreiben. "Lässt man mich eine Weile nicht schreiben, werde ich grantig. Würde man es mir verbieten, würde ich es heimlich tun."

Ruhm nennt er "eher lästig". Er liebt das Zwischenmenschliche. Wie zum Beweis, geht er nach dem Interview in den örtlichen Buchladen, plaudert kurz mit der Inhaberin, schnappt sich seinen Marienkäfer-Füller und signiert schnell ein paar seiner Bücher. Dann radelt er durch den kalten ostfriesischen Wind, wieder in Richtung Schreibtisch. Kein Klischee - Realität.

Klaus-Peter Wolf liest bei den Vattenfall Lesetagen am 18. April, 19 Uhr, Hanse Merkur, Siegfried-Wedells-Platz 1, und am 19. April, 10 Uhr, in der Oberhafen-Galerie, Stockmeyerstr. 3