Hamburg. Mit einem verblüffend unglamourösen Programm verabschiedet sich die Jazzbaltica in diesem Jahr von der Agenda der international bedeutenden Festivals. In der Liste der teilnehmenden Musiker findet sich kein einziger aus den USA, dem Mutterland des Jazz. In radikaler Abkehr vom Champions-League-Ehrgeiz seines Vorgängers sucht der neue künstlerische Leiter Nils Landgren sein Heil in der Qualität aus der Region. So treffen am letzten Juniwochenende in der Evers-Werft in Niendorf an der Ostsee, seit 2012 der neue Spielort von Jazzbaltica, viele Musiker aus (Nord-)Deutschland, Skandinavien, Osteuropa und Island aufeinander. Schöne, aufregende, gute Musik können die auch.

Der Kontrabassist Dieter Ilg stellt im Trio seine Lesart von Motiven aus Wagners "Parsifal" vor, das Quintett des fantastischen norwegischen Trompeters Mathias Eick kommt, die Samúel Jón Samúelsson Big Band mit Nils Landgren als Gast bestreitet die Dance Night. Landgren beschließt mit seiner Funk Unit auch das Festival. Die NDR Bigband reist gleich mit zwei Programmen an, einer Orchesterversion von Lars Danielssons "Liberetto" und der Vertonung des Kinderbuchs "Erwin mit der Tröte" von Volker Kriegel. Neben alten Jazzbaltica-Bekannten wie Danielsson, Lisa Bassenge, Michael Wollny und Wolfgang Haffner kommen Newcomer wie das Benedikt Janel Trio, das Max von Mosch Orchestra und das Alexandra Lehmler Quintett zum Zug. Auch ein neues Jazzbaltica-Ensemble hat sich formiert, das wie gewohnt die Festtage des Jazz mit einem Konzert in Husum eröffnen wird (27. Juni).

Aus Hamburger Perspektive lohnt der Festivalbesuch vor allem der Atmosphäre wegen - viele Bands haben erst kürzlich in der Stadt gespielt. Aber ein Ausflug an die Ostsee mit Begleitmusik zu bezahlbaren Ticketpreisen hat ja was. Und die Open-Air-Konzerte locken sogar mit freiem Eintritt.