Unter Bullen: Schauspieler und Kabarettist Dirk Bielefeldt alias Herr Holm hat mit “Alle Achtung!“ an diesem Dienstag auf St. Pauli Premiere.

St. Pauli Theater. Er war viel unterwegs in den vergangenen Wochen und Monaten. Dabei ist Herr Holm doch der Inbegriff des Hamburger Polizisten. Bürgernah und bodenständig. In Klausdorf bei Stralsund indes hätte ihm die Technik vor einigen Wochen fast den Verstand geraubt. Weil ein Kabel fehlte, drohte die Vorpremiere des neuen Holm-Programms im Vorpommernhus des 680-Einwohner-Ortes zu platzen. Mitarbeiter der rührigen Kulturinitiative des Kreises mit dem Autokennzeichen NVP - für Scherzkekse: "Noch vor Polen" - suchten vergeblich. Bis einer gut 40 Kilometer zum nächst größeren Elektromarkt fuhr und mit dem richtigen Kabel zurückkehrte.

"Ich stand ganz schön unter Strom", erzählt Dirk Bielefeldt von diesem Erlebnis. Jetzt sitzt der Erfinder und Darsteller des Herrn Holm entspannt auf einem grün-weißen Sofa unter dem Dach des St. Pauli Theaters. Hier ist HH, sprich Herr Holm, zu Hause, hier hat er in mehr als 1000 Vorstellungen schon gut 200.000 Menschen mit seiner ganz speziellen Mischung aus Kabarett, visueller Komik und Schauspiel erreicht. Holm ("Herr Holm, für Sie!") ist auf der Bühne inzwischen ein Sinnbild für Hamburger Humor.

Nach einigen Vorpremieren hat Bielefeldt im Januar und Februar noch mal einiges überarbeitet. In Eigenregie, gelegentlich mal in Rücksprache mit seiner Frau Susanne. "Gut 50 Prozent des Programms sind jetzt neu", sagt er.

Sichtbares Zeichen der Erneuerung ist der Wechsel von der alten grünen zur zeitgemäßen blauen Uniform. "Sie sieht schon schicker aus", räumt Bielefeldt ein. Aber für Herrn Holm sei das gar nicht so gut. "Der Witz der Figur besteht ja auch darin, etwas großspurig anzukündigen, das dann doch nicht klappt", sagt Bielefeldt. Als Polizeiobermeister sei er eher ein kleines Licht.

Den Gedanken, die Uniform endgültig abzulegen, hegte der Hamburger Kabarettist, Schauspieler und Autor jedoch nicht. Vor einigen Jahren hat er es mal versucht - solo als "Herr Holm - privat" sowie in der von ihm geschriebenen und inszenierten Vier-Personen-Komödie "Vorsicht Baustelle - Nach fest kommt ab". Auch wenn er das Stück, in dem er als Holm einen von drei Bauarbeitern gibt, überarbeitet und verfeinert hat, bleibt der Bulle Holm doch der Brüller. "Wer kennt denn Dirk Bielefeldt?", fragt der Künstler fast leise und nippt an seinem Milchkaffee. Nun, zumindest in Hamburg einige Insider. "Natürlich bin ich ein bisschen gefangen in der Rolle des Polizisten, aber ich will mich nicht beklagen", sagt Bielefeldt. "Herr Holm ist auch ein großes Glück für mich." Er avancierte zu einer der populärsten Theaterfiguren der Republik, seit Bielefeldt 1991 mit seinem ersten Bühnenprogramm "Herr Holm - Keiner für alle" Premiere beim Hamburger Kabarett-Festival auf Kampnagel gefeiert hatte. Hornbrille, mürrischer Blick und der stets leicht gebeugte Gang des 1,91-Meter-Mannes haben in Uniform einen einprägsamen Wiedererkennungswert. "Das Publikum wíll immer das Gleiche, aber immer auch etwas Neues", lautet seine Erkenntnis.

Und so hat Bielefeldt in den vergangenen Wochen und Monaten versucht, sowohl die Erwartungen der Bürger als auch seine eigenen Ideen in Einklang zu bringen. Wer den früheren Straßenkünstler ein wenig kennt, der ahnt, wie viel Ermittlungsarbeit in eigener Sache er darauf verwandt hat. Bielefeldt ist und bleibt ein Tüftler.

Er hat die Ärmel hochgekrempelt. Sprichwörtlich. Seine für einen Mittfünfziger überaus kräftigen, von starken Adern geprägten Unterarme zeugen davon. Im Keller und Probenraum seines Hauses in Blankenese hat Bielefeldt wieder mal an seinem eigenen Bühnenbild gesägt, geschliffen und gehobelt. Der dienstliche Tresen sei jetzt kleiner, verrät er. Die alte Wache mit dem Förderband hat als Bühnenkulisse ausgedient. Herr Holm klärt fortan in einem technisch aufgerüsteten Polizeistudio auf. Mit modernen Überwachungskameras, Power-Point-Präsentation und via Skype, dem Telefon per Internet, im Gespräch mit einem Kieler Polizeipsychologen (den Bielefeldt auch selbst spielt).

"Herr Holm ist angekommen in der neuen Welt", formuliert es Dirk Bielefeldt. Anarchische Momente soll das keinesfalls ausschließen. Und seine Figur ist nicht nur von der Sprache so breit angelegt, dass sie zur Not auch technische Pannen überspielen kann. Muss ja nicht unbedingt in seiner Heimatstadt sein.

"Alle Achtung!" wieder ab 15.4., St. Pauli Theater (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 30, Karten zu 15,90 bis 35,90 unter der HA-Tickethotline T. 30 30 98 98; www.st-pauli-theater.de; www.herrholm.de