Evgeni Koroliov unterstreicht seinen singulären Rang als Interpret mit Bach und Ligeti

Hamburg. Als der komponierende Musikmanager Peter Ruzicka in den 90er-Jahren unter Musikleuten herumfragte, welche CD sie auf eine einsame Insel mitnehmen würden, entschied sich György Ligeti vehement für "Koroliovs Bach". Wer dem Schnee trotzte, um den Hamburger Klavierprofessor Evgeni Koroliov am Sonntag im Rolf-Liebermann-Studio mit Bach und Ligeti zu erleben, der wäre dem Ungarn liebend gern auf seine Insel gefolgt. Die Kunst des Pianisten, die verschachtelten Linienzüge Bachscher Fugen und Ligetis vertrackte Rhythmik, bei der sich kleinere Geister Hirn und Finger verrenken, mittels feinster Anschlagsnuancen auf den Punkt zu bringen, führt ganz nah an die Werkstatt der Komponisten. Zudem versteht er den Steinwayflügel so zu behandeln, dass man mal ein Cembalo zu hören glaubt, mal einen Hammerflügel, mal eine Truhenorgel. Oder gar einen Jazzpianisten.

Der beziehungsreiche Abend, zu dem "Das Alte Werk" und "Das neue werk" des NDR gemeinsam geladen hatten, fand seine stille Krönung in der vierstimmigen Schlussfuge aus der "Kunst der Fuge", über der Bach starb, nachdem er als drittes neues Thema sein Notensiegel B-A-C-H eingeführt hatte. Ein epochales Vermächtnis: Muster des Höchsterreichbaren in der Kunst, Stimmen zu erfinden, die sich selbst begleiten können.

Mit der "Chromatischen Fantasie und Fuge", die Koroliov mit Bedacht an den Anfang seines sinnreichen Programms gestellt hatte, zeigte Bach seinen Schülern schon früh, wie ein Meister mit Konvention und Regel umgeht.

Was er der Nachwelt aufgab und wie Ligeti und sein Budapester Studienfreund György Kurtág die Erbschaft Bachs und Bartóks nutzten - das erfuhr das hingegebene Publikum sowohl aus Bach-Bearbeitungen und eigenen Klavierminiaturen Kurtágs, bei denen Koroliovs eheliche Duo-Partnerin Ljupka Hadzigeorgieva beherzt mit zugriff, als auch aus Ligetis früher "Musica ricercata" und sechs seiner geistreich verwickelten Hamburger Konzertetüden. Die in der aberwitzigen Teufelsleiter gipfelten, von der Sisyphus immer wieder abstürzt. Als Überraschungsgast winkte der Dresdner Hofopernkomponist Johann Adolf Hasse aus Bergedorf mit einer galanten Cembalosonate.