Der amerikanische Singer/Songwriter Raul Midón liebt Jazz und Soul. Heute kommt er in den Stage Club

Stage Club. "Peace On Earth" heißt ein Song auf Raul Midóns Album "A World Within A World". Es ist ein sehr düsteres Lied, in dem der amerikanische Sänger und Gitarrist eine Wirklichkeit ohne Freiheit, ohne anerkanntes Wertesystem, ohne Gemeinschaft an die Wand malt, selbst Sonne und Himmel haben sich aufgelöst. Dabei möchte doch eigentlich jeder Mensch ein friedliches Leben führen, konstatiert er ebenso.

Diese negative Nummer, vor sechs Jahren auf Midóns drittem Soloalbum erschienen, passt eigentlich gar nicht zu den Aussagen des in Maryland/USA lebenden Musikers. "Im Grunde meines Herzens bin ich ein optimistischer Mensch, aber nicht jeden Tag. Es gibt auch Momente, in denen es mir nicht so gut geht. ,Peace On Earth' will genau das zum Ausdruck bringen", sagt der 46 Jahre alte Künstler. In dem A-cappella gesungenen "Ain't Happenend Yet" geht es ebenfalls um den Traum von einem besseren Leben.

Auch wenn Midón die Welt in einigen Songs kritisch reflektiert, überwiegen in seinen Songs Romantik, Optimismus und Mitgefühl. Seine Stimme ist weich, sein Gitarrenspiel sanft und virtuos gleichermaßen. Stilistisch lässt Midón sich nicht so einfach festlegen. Seine Musik changiert zwischen Jazz, Soul, Pop und Latin, man täte ihm auch nicht Unrecht, wenn man ihn in die Schublade Singer/Songwriter steckte. Wenn Midón über seine musikalischen Einflüsse spricht, eröffnet sich ein gewaltiges Spektrum, das vom Jazz-Avantgardisten Thelonious Monk über den Sänger und Gitarristen José Feliciano bis zu den Soulgrößen Bill Withers und Stevie Wonder reicht. Auch Joni Mitchell und Randy Newman haben sein Songschreiben nachhaltig beeinflusst.

Bevor Midón seine Solokarriere vor zehn Jahren startete, war er vor allem als Backgroundsänger für Stars wie Shakira, Jennifer Lopez, Christina Aguilera und Ricky Martin aktiv. Als Gitarrist arbeitete er mit Jazzmusikern wie Paquito D'Rivera, Herbie Hancock und Dave Samuels zusammen. Große Aufmerksamkeit bekam er jedoch vor allem als Sänger des aus Puerto Rico stammenden DJ Louie Vega. Als Midón daraufhin den Erfolgsproduzenten Arif Mardin kennenlernte, der bereits mit Aretha Franklin, Diana Ross und Norah Jones gearbeitet hatte, nahm seine Solokarriere einen steilen Aufschwung. Dabei hat er von Geburt an mit einem Handicap zu kämpfen: Raul Midón ist blind.

Weil seine Augen in einem Brutkasten nicht ausreichend geschützt worden waren, erblindeten er und sein Zwillingsbruder Marco kurz nach der Geburt. "Es stimmt nicht, dass man als Blinder einfühlsamer für Musik ist, du musst sehr viel härter arbeiten als andere", widerspricht er einer weit verbreiteten Annahme über die besondere Musikalität blinder Musiker, die häufig im Zusammenhang mit Ray Charles, Stevie Wonder und José Feliciano genannt wird. Mit vier Jahren fing der kleine Raul an, Schlagzeug zu spielen, seine erste Gitarre erhielt er mit sechs. Seine Eltern, der Vater Argentinier, die Mutter Afroamerikanerin, unterstützten ihren Sohn bei seiner musikalischen Karriere. Nachdem er diverse Eliteschulen in New Mexico besucht hatte, graduierte er an der University of Miami im Jazz-Studiengang.

Dort hat er sein handwerkliches Rüstzeug als Sänger, Instrumentalist und Komponist bekommen. Seinen Stil entwickelte er später durch die Zusammenarbeit mit vielen Größen der Pop- und Jazzwelt. "Das Wichtigste jedoch ist, immer an sich selbst zu glauben", sagt er. "Wenn du Künstler sein willst, musst du dich mit Haut und Haaren für dieses Leben entscheiden. Wenn du dann auch noch deine eigenen Songs singst, wird dein Weg leichter, weil du eine enge Verbindung zu den Themen hast, über die du singst." Eine seiner Stärken ist Midóns Authentizität. Er lebt seine Musik, ohne sich stilistisch festzulegen. Wenn er an diesem Montag solo im Stage Club auftritt, wird er das Publikum auf eine inspirierende Reise mitnehmen. Ohne klar definierte Botschaft, aber mit dem Glauben an eine bessere Welt.

Raul Midón heute, 20.00, Stage Club (S Holstenstraße), Stresemannstraße 159, Karten 40,75; Internet: www.raulmidon.com