Der Theater- und Hörbuchmacher Wolfgang Stockmann inszeniert am Ernst Deutsch Theater ein Hildegard-Knef-Stück. Heute ist Premiere

Hamburg. So ein Satz, eher beiläufig dahergesagt, klingt nach einer ziemlich guten Lebensregel: "Alle Frauen, vor denen ich gewarnt wurde in meinem Leben, mit denen konnte ich immer sehr gut." Wolfgang Stockmann lächelt leise, er ist ohnehin der eher unaufgeregte Typ. Warme Stimme, sehr gelassene Ausstrahlung. Man glaubt ihm sofort, dass diese Art der Souveränität auch bei jenen - Frauen wie Männern - verfängt, denen man nachsagt, zickig zu sein. Anstrengend. Schwierig. Schwierig ist ja oft nur ein anderes Wort für anspruchsvoll. Fordernd. Offensiv.

Den Titel "Divenzähmer" findet er dann allerdings doch übertrieben. Da wird das Lächeln etwas breiter, das Kopfschütteln fast schon energisch. Vor ihm auf dem Cafétisch liegt der knallrote Premieren-Flyer des Ernst Deutsch Theaters: "Der Teufel und die Diva" - keine Rollenverteilung also, die sich auf den Regisseur und seine Hauptdarstellerin bezieht. Obwohl Stockmann durchaus zugibt, als größte Herausforderung sei ihm - der zwar vom Theater kommt, aber bis zu dieser Produktion seit Jahren keine Theaterregie mehr übernommen hatte - vor Probenbeginn die Besetzung erschienen: "Ich hatte schon Respekt vor Judy Winter."

Zumal die ja nicht nur einen gewissen Ruf, sondern auch Erfahrung in der Divendarstellung mitbrachte. Auch als Marlene Dietrich hatte die Winter schon auf der Bühne des Ernst Deutsch Theaters gestanden, nun also in der Uraufführung des Stücks von Fred Breinersdorfer und Katja Röder als Hildegard Knef. Und doch ist es ein Zweipersonenstück, Peter Kremer ist der Knef als Mephisto ein würdiger Gegenspieler, es ist ein Flirt auf Augenhöhe.

"Man arbeitet bei einem Zweipersonenstück viel konzentrierter", sagt Stockmann, der auch an der Textfassung mitgearbeitet hat. "Bei der zweiten Fassung bin ich eingestiegen, bei der achten haben wir angefangen zu proben, in der Premiere sieht man jetzt die neunte." Wieder ein Lächeln. Auch das ist Theateralltag: Weniger ein Kompromiss als vielmehr ein Prozess, bei dem viele Einflüsse eine Rolle spielen.

Stockmann hat sein Handwerk als Regieassistent am Staatstheater Stuttgart gelernt, gehörte dann - neben Michael Batz und anderen - zur Kampnagel-Truppe unter Hans Man in't Veld, bevor er die akustische Inszenierung für sich entdeckte und zu einem künstlerischen Schwerpunkt ausbaute. Sechs Jahre lang leitete er im Hoffmann und Campe Verlag die Hörbuchsparte. Am Donnerstag setzt er mit seiner eigenen Firma "Stückwerke" Hörspielideen und Inszenierungen um, unter anderem für den Hamburger Kirchentag; auch die SPD gehört zu seinem Kundenkreis. Vor dem Mikrofon hatte Stockmann etliche starke Schauspielerstimmen, auch Judy Winter, auch Hannelore Hoger. Da sind sie wieder, die vermeintlichen Diven. Auch im Studio kein großes Ding, winkt er ab. "Ich bin kein Regisseur, dessen ambitioniertes Ego ständig bedient werden muss. Ich habe aber eine klare Vision, die Schauspieler zu führen." Überhaupt sei das Hörspiel sehr nah am Theater, findet Stockmann, der in Hamburg schon früher mit Hildegard Knef zu tun hatte: Er konzipierte die Hörspielfassung von Gilla Cremers bemerkenswertem Knef-Solo "So oder so".

",Der Teufel und die Diva' ist aber völlig anders", glaubt er. Was ihn diesmal reizte, war das Spiel mit der Selbstlüge, das Beschönigen der Wahrheit. "Was bleibt von einer privaten Persönlichkeit, wenn man so in der Öffentlichkeit steht wie Hildegard Knef?", fragt Stockmann. "Kennt sie sich selbst noch? So richtig glücklich sei die Knef ja nicht geworden, heißt es. Das würde ich so nicht sehen: Sie hat durchaus Elemente des Glücks erfasst."

Elemente des Glücks erfasst, was für eine wunderbare Formulierung für ein Leben der emotionalen Extreme. Wer das so sehen kann, der hat sie womöglich in entscheidenden Punkten verstanden, die großen Diven.

Der Teufel und die Diva Ernst Deutsch Theater, bis 12.4., Karten: T. 22 70 14 20

Entdecken Sie Top-Adressen in Ihrer Umgebung: Theater in Hamburg-Uhlenhorst