Hamburg. Wortspiele mit Eigennamen sind im Qualitätsjournalismus verpönt. Aber als der Pianist Boris Berezovsky am Freitag in der Laeiszhalle Liszt spielte, drängte sich angesichts der enormen physischen Präsenz dieses Musikers und der kunstvollen Rohheit, mit der er zu Werke ging, unwillkürlich das Wort Berserker auf. Seitdem hat der Name Berezovsky eine geheime Silbe mehr.

Der russische Tastenhüne war Gast des NDR Sinfonieorchesters, das unter Thomas Hengelbrock ein ausschließlich der Musik Liszts und Wagners gewidmetes Programm präsentierte. Ungewöhnlich genug, dass der Solist in beiden Programmhälften auftauchte; zunächst spielte er das 1. Klavierkonzert, anschließend meißelte er den "Totentanz" über das "Dies Irae" aus der Tastatur.

In der an Chromatik, Skalengerase und Kontrapunktik reichen Materialschlacht zwischen Pianist und Orchester standen die NDR Sinfoniker Berezovsky an Furor und Präzision in nichts nach. Schier überschäumendes Spielvermögen bewiesen sie auch allein, vor allem in Liszts "Mazeppa", das sich in seiner Mischung aus Motivsplittern osteuropäischer Folklore und rauschhaft Rhapsodischem wie Champagner made in Ungarn in den voll besetzten Saal ergoss.

Zwei Werke des Beinahe-Altersgenossen und Spätschwiegersohns Wagner rahmten die Lisztomania ein, wobei Hengelbrocks Bemühen um schlichten Klang in der "Tannhäuser"-Ouvertüre vor allem bei den Bläsern zu allzu spröden Resultaten führte. Schmelz und Wagnerwogen schienen nur den Streichern erlaubt. Schnurgerade, allem mythischen Geraune enthoben, marschierten manche der Bläsersätze auch in der "Holländer"-Ouvertüre auf. Wagner fast plump soldatisch - womöglich war das als List gedacht.