Das Quatuor Diotima stellte seine Kompetenz in Sachen Neue Musik unter Beweis

Hamburg. Ein kompetenteres Ensemble als das Quatuor Diotima lässt sich für Konzerte mit zeitgenössischer Musik für Streichquartett kaum denken. Die vier Franzosen bereiten ihre Interpretationen stets so gründlich vor, dass man als Hörer noch den ausgefallensten und kompliziertesten Ideen der Komponisten gern folgt. Sie können ultrafein spielen und den dünnen Klangfaden mühelos gespannt halten, und, wo immer es sein muss, langen sie mit rigorosem Furor zu. Perfekt ist ein unzulängliches Wort, um die Qualität ihres Zusammenspiels zu beschreiben. Die Intonation ist makellos aufeinander abgestimmt, dynamische Bögen und Eruptionen vollziehen sich in traumwandlerischem Parallelschwung. Nicht nur der Atem, auch der Geist der Musiker scheint beim Spielen auf geheimnisvolle Weise voll synchronisiert.

Bei "Lux aeterna" gastierte das Quatuor Diotima in der Krypta von St. Michaelis, nur einen großen Schritt von der mit einer einsamen Rose geschmückten Grabstätte Carl Phillipp Emanuel Bachs entfernt. Der Raum erwies sich trotz seiner niedrigen Deckenhöhe als idealer Aufführungsort; die Musik klang glasklar, dabei intim.

So souverän die Franzosen auf ihren teilweise umgestimmten Instrumenten die in Kleinstintervallen organisierten Zitterglissandi in Georg Friedrich Haas' Streichquartett Nr. 6 (2010) bewältigten: Das Stück zog sich. György Ligetis Streichquartett Nr. 2 (1969) lassen sich dagegen Längen schwerlich vorwerfen. Die Musik schreibt in ihrer Prägnanz Bartók und Webern synthetisch fort, und sie hat ihren eigenen Humor. Die Phasenverschiebung im Kollektiv-Pizzicato des dritten Satzes "Como un meccanismo di precisione" klang so charmant, als hörte man vier kleinen Robotern beim Singen zu.

Nach Toshio Hosokawas subtiler Klangmeditation "Blossoming" (2009) steuerte das Quatuor Diotima mit George Crumbs "Black Angels" (1970) auf den spirituell-spektakulären Höhepunkt des Abends zu. Nicht nur Gott, Tod und Teufel geistern durch die 13-teilige Komposition, auch verschieden hoch gefüllte, mit dem Bogen gestrichene Gläser, ein auf dem Kopf gespieltes Cello und zwei Geigen sowie Gongs und manches gesprochene Wort. Ein anrührendes, in der unbekümmerten Wahl seiner Ausdrucksmittel sehr amerikanisches Werk, eine kostbare Rarität dazu. Sehr begeisterter Applaus.