Ein Sextape, ein erpressbarer Richter: Der Bremer “Tatort“ krankt am schlechten Drehbuch, hält aber doch einen Knalleffekt bereit.

Ein Junge wird ermordet, aber es sieht nur für kurze Zeit so aus, als hätte sein Tod etwas mit Drogen zu tun. Schnell ist klar, dass ein hochrangiger Richter in den Fall verstrickt ist. Er war beim Sex mit einer Minderjährigen gefilmt worden, zusammen mit ihrem nun toten Freund wollte sie den Juristen mit dem Sextape erpressen. Der Verwaltungsrichter Konrad Bauser ist das Zünglein an der Waage, was eine Entscheidung über die Weservertiefung angeht. Wer hat ihn in die Falle gelockt? Das muss die Polizei in Bremen herausfinden. So weit, so normal. Korruption, Politskandal, Vertuschungen, Sauereien in den besten Kreisen: Hier kann ein guter Drehbuchschreiber die Gesellschaft aus ihren Angeln heben.

Im neuen Bremer "Tatort: Puppenspieler" sehen sich die Handelnden allerdings zusätzlich mit einer unheimlichen, seit Längerem andauernden Mordserie konfrontiert, die scheinbar keinerlei Logik folgt. Außer vielleicht der, die Ermittler an der Nase herumzuführen, indem die Täter ihre wahre durch eine Art Avatar-Identität ersetzten. Ausgeführt werden die Morde, zu denen, das wird schnell klar, auch der in Bremen gehört, von einer Art mobilen Einsatztruppe, die falsche Spuren hinterlässt und effizient Auftrag um Auftrag ausführt. Irgendwie hat das LKA mit den Morden zu tun. Und dass Bauser mit drinhängt, verkompliziert die Sache zusätzlich. Auch deswegen, weil der Zuschauer das zwar weiß, die Kommissare aber nicht - was diesen Tatort nicht etwa besonders tricky, sondern zu einer vollends überkomplexen Angelegenheit macht.

Die "Tatorte" aus Bremen sind öfter mal anders als die aus anderen Städten. Mal sind sie außergewöhnlich brutal (unvergessen der tote Metzger am Fleischerhaken, genau gezählt die größte je gemessene Menge an Toten in einem Tatort: 14), mal actionlastig und futuristisch wie ein Kino-Blockbuster. Gerne unterlaufen die im Auftrag von Radio Bremen produzierten Krimis auch die Sehgewohnheiten der Zuschauer, sind manchmal gar experimentell - und schießen wie im Falle von "Puppenspieler" über das Ziel hinaus. Denn dieser "Tatort" fällt völlig auseinander, vermengt in unzulässiger Weise alles, was halt in so einen Krimi irgendwie reinmuss (eine Leiche, Lokalkolorit, Sex, ein bisschen Ermittler-Klamauk), um dann auf einer weiten Erzählebene eine krude Bedrohung zu installieren, die das liebliche Bremen an die Metropolen anbindet. Wie in diesem Tatort alles miteinander zusammenhängen soll, das entblättert sich erst ziemlich spät. Was nicht untypisch ist, aber im Falle dieses Falles zu blödsinnigen Koinzidenzen führt: Der Richter Bauser wurde gleich doppelt heimlich gefilmt!

Und wenn der Plot schon nichts taugt, muss man als Zuschauer seinen Nektar halt aus dem Innenleben des Ermittler-Duos ziehen. Da geht es bei Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) nämlich dem Ende entgegen. Stedefreund will mal raus aus der Mühle und nicht immer der zweite Mann sein. Aus Protest geht seine Chefin mit dem Nachfolger, einem possierlichen Kerl namens Leo Uljanoff, gleich mal in die Kiste. Zugegeben, das war dann doch ein Knalleffekt. Dieser Uljanoff ist wirklich kein schlechter Typ, nur dem Pathologen kommt etwas spanisch vor am Auftritt des Neuen: "Ich mag den nicht, der ist mir viel zu freundlich."

"Tatort: Puppenspieler" So 24.2., 20.15 Uhr, ARD