Hamburg. Ein Liebespaar kämpft, streitet, träumt miteinander. Sie, Abby, ist ein wenig älter und seine Chefin, er, Ben, ist verheiratet. Das Attentat auf die Twin Towers in New York, dem sie zufällig entkamen, möchte Ben zum Anlass nehmen, um zu verschwinden und mit Abby irgendwo ein neues Leben zu beginnen. Und Abby? Will auch ein neues Leben. Mit ihm. Aber nur, wenn er sich anständig aus dem alten verabschiedet.

Was Désirée Nosbusch und Roman Knizka in Herbert Knaups Inszenierung von Neil La Butes "Tag der Gnade" miteinander anstellen - ob sie sich lieben, hassen, begehren, verachten, verletzen - ist immer spannend und kein bisschen affig auf Showeffekte aus. Nosbusch spielt virtuos eine ganze Bandbreite von zornig, traurig, verletzt, rachsüchtig und hinreißend aus. Und Knizka, der eigentlich ein alerter Liebhaber sein sollte, spielt den Zyniker, den Gewinnler, den Entschlossenen, bis kurz vor dem Ende, dann lässt er den Menschen raus.

In der Aufführung, die für zwei Tage im St. Pauli Theater gastierte, zeigt Désirée Nosbusch, dass sie viel mehr als eine Moderatorin, ein ehemaliger Kinderstar und eine Kosmopolitin ist. Sie zeigt, dass sie eine wirklich gute Schauspielerin ist. Keine falsche Geste, kein ranschmeißerischer Ton, stattdessen Weichheit in der Gestaltung einer liebenden, kämpfenden, verletzten Frau. Sie stellt viele Facetten dieser Frau dar, nie führt sie sie vor. Nosbusch kann viel mehr, als etwas zu präsentieren. Knaup, der Schauspieler, hat sie gut geführt. Regie kann er offenbar auch. Ein bewegender und ziemlich eindringlicher Abend.