Ansichtssache: Die fehlende Transparenz der Programmkosten von ARD, ZDF und Deutschlandradio passt nicht zum neuen Rundfunkbeitrag.

Ein Ziel hat die Rundfunkpolitik mit der Umstellung der Rundfunkgebühr, die nun Rundfunkbeitrag heißt, auf eine Haushaltsabgabe deutlich verfehlt. Mit der Maßnahme wollte man auch die Akzeptanz der Gebühr erhöhen. Die unschönen Nachstellungen der GEZ-Kontrolleure, die nach verborgenen Fernsehgeräten fahndeten, sollten fortan der Vergangenheit angehören. Wenn jeder Haushalt, völlig unabhängig davon ob und wenn ja wie viele Rundfunkgeräte sich in ihm befinden, den neuen Beitrag entrichten müsste, könnte doch niemand etwas dagegen haben.

Eine Abgabe, die jeder zahlen muss, ähnelt aber einer Steuer. Und wer eine Abgabe erhebt, der sich niemand entziehen kann, muss in einem demokratischen Gemeinwesen Rechenschaft darüber ablegen, wofür er sie verwendet. Auch von den Sendern wird nun mehr Transparenz gefordert. Diese Debatte wird uns noch sehr lange beschäftigen.

Denn Transparenz in finanziellen Dingen ist keine Stärke der Öffentlich-Rechtlichen. Zwar gibt es jede Menge Zahlenmaterial über die Finanzen von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Doch erschließen sich die Geschäftsberichte der Sender wie auch die Rechenschaftsberichte der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten meist nur Experten.

Vollkommen verschlossen zeigen sich ARD und ZDF, wenn es um die Kosten für das Programm geht. Sie wollen nicht verraten, was Sportereignisse wie die Olympischen Spiele, Fußball-Welt- und Europameisterschaften oder die Fußball-Bundesliga kosten. Ebenso wenig ist den Anstalten zu entlocken, wie viel ihnen Sendungen von Stars wie Günther Jauch oder Thomas Gottschalk wert sind. Ihre mangelnde Auskunftsbereitschaft begründen die Sender mit möglichen Nachteilen, die eine Veröffentlichung der Zahlen bei einem künftigen Rechtepoker nach sich ziehen könnte. Ein Argument, das freilich wenig stichhaltig ist. So veröffentlichte etwa der private Bezahlsender Sky vor gut einem Jahr, was er ab der Spielzeit 2013/14 den Vereinen der Fußball-Bundesliga für die Pay-TV-Rechte überweisen wird: Es sind pro Saison genau 485,7 Millionen Euro.

Dass es zwischen Rundfunkbeitrag und Transparenz einen Zusammenhang gibt, findet auch der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof. Ein von ihm erstelltes Gutachten war die Blaupause für die Neuregelung der Rundfunkgebühren: "Mit der öffentlichen Abgabe steigern sich die Transparenzpflichten", sagte er kürzlich in einem Interview. "Jeder Beitragsschuldner hat einen Anspruch darauf zu wissen, was mit seinem Geld geschieht, welche Sendung für welche Summen gekauft und produziert wird." Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sieht die Öffentlich-Rechtlichen hier in der Bringschuld. Die Frage, warum ARD und ZDF nicht verraten, wie viel sie für ihre Fußballrechte bezahlen, sei "völlig berechtigt", findet er. Und fragt man ihn, ob mehr Transparenz bei den Öffentlich-Rechtlichen möglich sei, antwortet Scholz "unbedingt".

Bei den Sendern sieht man das offenbar anders. In eigener Sache neigen sie zu Selbstgerechtigkeit. Derzeit plakatieren sie bundesweit eine Kampagne, bei der Günther Jauch neben Maybrit Illner steht. Darunter ist die Botschaft "Wir sind Talk" zu lesen. Und noch ein Stück weiter unten steht: "Einfach. Für alle. Der neue Rundfunkbeitrag." Zu den Plakaten gibt es auch entsprechende Werbespots.

Die Kampagne ist das Gegenteil von Transparenz. Sie ist dümmliche Reklame. Und der Schuss ist auch schon nach hinten losgegangen. Der Bund der Steuerzahler fragte, was denn der Werbefeldzug, den es auch mit den Motiven "Wir sind Nachrichten", "Wir sind Sport" und "Wir sind Familie" gibt, gekostet hat. Eine Antwort bekam er natürlich nicht.

Wenn die tatsächlichen und vermeintlichen Ungerechtigkeiten, die der neue Rundfunkbeitrag für Unternehmen und Behinderte mit sich bringt, längst bereinigt sein werden, wird sich die Diskussion um mehr Transparenz bei den Öffentlich-Rechtlichen noch lange nicht erledigt haben. Die Sender haben wenig Interesse, sie zu führen. Womöglich auch deshalb, weil sie in eine folgenschwere Debatte über das Programm münden könnte. Denn wenn erst einmal bekannt ist, welche Summen ARD und ZDF für Sportrechte und Showstars ausgeben, könnte es durchaus geschehen, dass die Notwendigkeit solch teurer Programme bei den Öffentlich-Rechtlichen infrage gestellt wird. Vielleicht gäbe es dann bei ARD und ZDF wieder mehr Platz für Information, Kultur und Bildung. Der Programmqualität wäre eine solche Debatte mit Sicherheit nicht abträglich.