Andreas Franz hat “Die kleine Zauberflöte“ am Theater für Kinder mit feinem Sinn für Situationskomik inszeniert

Theater für Kinder. Kein Publikum ist so gnadenlos wie ein Saal voller Kinder. Der Lautstärkepegel spiegelt unfehlbar wider, ob eine Aufführung zündet oder nicht. "Die kleine Zauberflöte" zündet. Im Theater für Kinder kann man ein Programmheft zu Boden fallen hören, so gebannt folgen die Kinder dem Geschehen. Oder sie lachen schallend. Oder sie geben Papageno, Tamino und Konsorten Tipps, hörbar besorgt, etwa so: "Pass auf, Pamina, hinter dir!" Kurz, sie haben angebissen. Und das weit über den üblichen Zeitraum von einer guten Stunde hinaus. Nur in den arg statischen Prüfungsszenen murmelt es im Zuschauerraum.

Vor vier Jahren hat das Theater für Kinder "Die kleine Zauberflöte" zuletzt herausgebracht, für die jetzige Produktion wurden Bühnenbild und Kostüme erhalten. Die neue Fassung ist also nicht wirklich neu, sondern überarbeitet - aber sie zündet. Statt brachial zu streichen, hat Tjaard Kirsch das Stück auf gut 90 Minuten eingedampft, indem er die Nummern gleichsam inwendig kürzte.

Barbara Hass' Textfassung steht dem nicht nach. Mozarts "Zauberflöte" ist für viele Deutungen offen, weil sie so vielschichtig ist. Freimaureropus und Liebesdrama, Märchenoper und Wiener Vorstadtklamauk, alles hat seinen Platz in diesem Universum. Hass ist nun gerade nicht den einfachen Weg gegangen, sich auf einzelne Aspekte zu beschränken. Sie lässt die Rezitative kurzerhand als Dialoge sprechen; hin und wieder vereinfacht sie einen Satz. Und siehe da: Plötzlich wird manches ganz von allein verständlich.

"Pamina!", hebt Tamino an, bevor er sich den gefährlichen Freimaurerprüfungen unterzieht. Er stockt, dann sagt er so leichthin wie möglich: "Ich muss gehen." Knapp, um nicht zu sagen hanseatisch. Taminos Unfähigkeit, seinem Schmerz Ausdruck zu verleihen, ist ergreifend und hochkomisch zugleich. Die ganze Fallhöhe der "Zauberflöte" passt in diesen einen Moment.

Mit solch feinem Sinn für Situationskomik und genau an der Musik von Mozart entlang hat Regisseur Andreas Franz das ganze Stück inszeniert. Und das junge Ensemble ist mit vollem Spielwitz dabei. Ob das Kind von Papageno, dem der Vogelfänger die ganze Geschichte als Rückblende erzählt, beim Zuhören in der Nase bohrt oder Papagena in ihrer Verkleidung als bucklige Alte unablässig niest, jeden dieser Regieeinfälle quittieren die Kinder mit Gelächter.

Dass die Spannung nie nachlässt, liegt auch daran, wie eng Regie und Ausstattung verzahnt sind. Hendrik Nagels poetisch-schlichtes Bühnenbild zeigt mal Tempelmauern und mal den berühmten Sternenhimmel, den der Architekt Karl Friedrich Schinkel einst für die Oper entwarf. Barbara Hass hat sämtliche Figuren in Vogelkostüme gesteckt. Wenn Papageno sich mal wieder einen zwitschert, kriegt der Papagei auf seinem Kopf auch was vom Wein ab. Und Tamino als Pfau schlägt ein Rad, so oft er eine Frau sieht, und hält es dann mit diesem unnachahmlichen Zittern, mit dem Pfauen ihre Anstrengung kaschieren.

Stimmlich hatten bei der Premiere die Damen die Nase vorn. Katerina Fridland, Andrea Oswald und Lena Kutzner waren nicht nur drei witzige, wenn auch etwas zu ostentativ mannstolle Damen. Fridland sang außerdem zuverlässig die Koloraturen der Königin der Nacht, und Oswald gab eine anrührend lyrische Pamina. Jan Behnkens Tamino hatte stimmlich mit Lampenfieber zu kämpfen, spielte aber mit differenziert und Verve. Und Gregor Rozkwitalski machte den Sympathieträger Papageno mal wieder zum Herzen des Geschehens. Respekt auch für Christiane Stein (Flöte) und Maja Hunziker (Violine), die unter der Leitung von Tjaard Kirsch am Klavier ein ganzes Opernorchester ersetzten.

Für die Freitags-Vorstellung gibt es nur noch Restkarten. Klar, ist ja auch die "Zauberflöte", die meistgespielte Oper der Welt. Das Theater für Kinder und sein Pendant für Erwachsene, das Allee Theater, setzen aber oft auch Entlegenes auf den Spielplan. Man kann nur hoffen, dass Mut und Kreativität dieses tapferen kleinen Hauses immer wieder reichlich mit dem vergolten werden, was des Publikums Währung ist: zahlreich hinzugehen.

"Die kleine Zauberflöte" Fr 15.2., 16.00, Allee Theater (S Altona), Max-Brauer-Allee 76, Restkarten zu 14,- unter T. 38 25 38; Infos und weitere Termine unter www.theater-fuer-kinder.de