Auch der fünfte Teil der “Stirb langsam“-Reihe ist eine spektakuläre Materialschlacht. Was macht Actionfilme eigentlich so erfolgreich?

Hamburg. Es ist die Leistungsschau der Actionrentner, ein geriatrisches Paradies, in dem jedes Hüftleiden weggeballert wird. Charakterrollen? Lass mal. Wer die neuen Filme von Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone und Bruce Willis gesehen hat, kann angesichts der hemdsärmeligen und handfesten Auftritte der reifen Herrschaften nur staunen: Von der Kondition her machen die jeden Teenager platt, die wiederum kennen die krassen Actionszenerien von der Playstation.

Interessanterweise hat sich also rein gar nix verändert. Wo die Namen der in den 80er-Jahren zu Muskel- und Supermännern aufgeblasenen Schauspieler draufstehen, ist immer noch Bumm und Hau und Knatter drin. Actionfilme sind ästhetisch und inhaltlich noch immer unterkomplex, handlungsgetrieben und ein bisschen einfältig. Und vor allem sind sie noch die gleichen Materialschlachten wie zu der Zeit, als Stallone und Co. noch jung waren und als "Terminator" oder "Rambo" durchs Gelände pflügten.

An diesem Donnerstag läuft der inzwischen fünfte Teil der ewig morbiden John-McClane-Saga "Stirb langsam" an, und nicht nur aufgrund der nicht enden wollenden Abenteuer des fidelen Ballergaudiburschen wähnt man sich in einer Zeitschlaufe gefangen. Immer feste druff auf die Bösen!

Der Action-Blockbuster ist eine Bank im Kino. Woran das liegt? Ganz einfach: Menschen haben Spaß daran, anderen Menschen dabei zuzusehen, wie sie Dinge zerstören. Schreddern, zerbersten, explodieren. Ballern, watschen, bluten, darum geht's im Actionfilm. Am Ende sind wir eben doch alle unmaterialistisch. Mit viel gutem Willen kann man die Absage an das materielle Statussymbol sogar mit dem Heilbleiben des Helden zusammenbinden und als idealistischen Akt bezeichnen. Oder ist die Unversehrtheit des Siegers etwa nicht auch würdevoll?

Künstlerische Ansprüche stellte der Actionfilm nie an sich selbst, und sie wurden auch nie an ihn gestellt. Eigentlich geht's hier ja nur darum, mit bisweilen auch übersinnlichen Fähigkeiten, die dann aus Comicstrips auf die Leinwand importiert wurden, Prüfungen zu bewältigen, Gefahren heroisch zu überstehen und dabei ein paar Kalorien zu verbrennen.

Was einen daran erinnert, dass man Actionhelden eigentlich nie beim Essen sieht. Sie sind bei ihrer ständigen Hatz zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, dem Sprengen von Luxusautos etwa oder dem Springen durch Glasfassaden. Die Körperinszenierung des Actionhelden zielt auf sensationelle Bewegungen und effektive Handlungen. Dabei ist er, wie jetzt wieder im Falle von Bruce Willis, eine Art von Nationalkörper, der seine Leibesertüchtigungen für patriotische Zwecke vornimmt. Der neue "Stirb langsam"-Film spielt in Moskau, wo die Falschen danach streben, an die Macht zu kommen. Über seinen Sohn, einen CIA-Agenten, wird der harte Cop John McClane in explosive Geschehnisse verwickelt; am Ende also sind es die Amerikaner, die in Russland aufräumen. So sehen sie aus, die süßen Träume von Imperialisten.

Diese im Grunde chauvinistische Haltung hat schon immer genauso zum Actionfilm gehört wie die coolen Sprüche, für deren Charakterisierung "dämlich" noch ein anderes Wort wäre. Wie dem auch sei: Das Phänomen des Actionfilms war stets das Bekenntnis einer dekadenten Kultur, die ihre technischen Möglichkeiten nicht nur zur schieren Unterhaltung einsetzt, sondern auch für Zerstörung, Verpuffung und Vernichtung. Ein bisschen so wie Krieg eben.

Das Budget des neuen "Stirb langsam"-Filmes betrug 125 Millionen Dollar. Angemessen für eine zünftige Materialschlacht, in der schätzungsweise zwei Dutzend Autos und ein ausgewachsener Hubschrauber zu Bruch gehen. Wie die Mehrheit der Actionfilme wird er die Kosten mehr als wieder einspielen, und vielleicht verschafft uns die pure Verschwendung gerade jetzt eine willkommene Erleichterung. Mitteleuropa erlebt die friedlichsten, wohlhabendsten Zeiten seiner Geschichte, ist aber in der ständigen Krise, in der Geldlöcher gestopft und Rettungsschirme aufgespannt werden müssen.

Wie schön, dass Actionfilme immer noch verlässlich Steine, Blech und Kugeln regnen lassen. Hier wird kein kritischer Status konserviert oder überwunden, sondern einfach abgeräumt. Dass mit jedem zerstörten Fortbewegungsmittel die Kasse ein bisschen lauter klingelt, ist ja irgendwie auch nur ein weiterer Beweis für die Widersprüche des Kapitalismus. Der übrigens in seiner Abteilung Film die Alten mittlerweile noch nicht mal mehr aussortiert, wenn sie wie Willis bald 58 werden - muss ja nicht jede Bewegung noch so rund wie früher sein.

"Stirb langsam - Ein guter Tag zum Sterben" USA 2013, 97 Minuten, ab 16 Jahren, R: John H. Moore, D: Bruce Willis, Jai Courtney, Sebastian Koch, täglich im Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, Hansa-Filmstudio, Streit's (OF), Studio-Kino,UCI Mundsburg/Othmarschen-Park/Wandsbek; www.facebook.com/StirbLangsamFilme