Wolfram Berger spielt eine Operette von Jacques Offenbach als Ein-Personen-Stück im Polittbüro

Polittbüro. Eine Operette ganz allein auf die Bühne zu bringen, geht das überhaupt? Mit allen Rollen, die im Libretto so eines Spektakels aufgeschrieben sind? Ja, es geht. Und wie! Dafür braucht man jedoch einen Schauspieler von der Qualität eines Wolfram Berger und die Erfahrung eines ganzen Theaterlebens. Der gebürtige Grazer, Jahrgang 1945, war in Österreich Schauspieler des Jahres, wurde mit dem Nestroy-Preis ausgezeichnet und hat in den 70er- und 80er-Jahren unter der Intendanz von Claus Peymann in Stuttgart und Bochum gewirkt. Vor drei Jahren hat Berger sich Jacques Offenbachs Operette "Die Großherzogin von Gerolstein" vorgenommen und sie als Ein-Personen-Stück in diversen Theatern gelesen und gespielt. Mit diesem virtuosen Programm kommt er an diesem Montagabend ins Polittbüro in Thomas Ebermanns Vers- und Kaderschmiede.

Ob Berger nun die lüsterne Regentin, den knarzig dröhnenden General Bum Bum oder den feschen, aber kriegsunwilligen einfachen Soldaten Fritz mimt, Berger springt in Sekundenschnelle von einer Figur in die andere, wechselt den Tonfall und das Idiom, gibt dem schlitzohrigen Fritz genauso seine Stimme wie dem depperten Prinzen Paul oder den durchtriebenen Hofschranzen. Berger findet für jede Figur in Offenbachs 1867 uraufgeführtem Spiel die richtige Gestik, Mimik und die passende Stimme.

Singen tut er im Übrigen auch noch. Begleitet vom Pianisten Theocharis Feslikidis trägt der Schauspieler ein paar "Arien" vor. Offenbachs zusammen mit den Librettisten Henri Melhac und Ludovic Halévy geschriebenes Werk in drei Akten ist eine Satire auf Günstlingswirtschaft und Kriegstreiberei. Als das Stück während der Pariser Weltausstellung aufgeführt wurde, waren auch der damalige Reichskanzler Bismarck und sein Generalstabschef von Moltke unter den Zuschauern. Es wird kolportiert, dass Bismarck gelacht haben soll, von Moltke dagegen nicht. Kein Wunder, denn der General Bum Bum, oberster Heerführer der Großherzogin, ist in der Opéra bouffe als ebenso eitler wie dummer Stratege dargestellt, ein tumber Haudrauf.

Die Textfassung, die Berger für seine Inszenierung benutzt, hat in den 20er-Jahren der österreichische Schriftsteller, Satiriker und Publizist Karl Kraus geschrieben und dem Original noch mehr Schärfe gegeben. Der Text strotzt nur so von Absurditäten.

Der Grenadier Fritz steigt vom gemeinen Soldaten zum General auf, was mehr an seinem hübschen Äußeren liegt denn an seinen Fähigkeiten. Am Ende hat er Stellung und Ruhm wieder verloren, doch der Federbusch am Hut als Ausdruck seiner Macht bedeutet ihm weniger als die Liebe zu dem einfachen Bauernmädchen Wanda. "Der Gedanke der Operette ist Rausch, aus dem Gedanken geboren werden; die Nüchternheit geht leer aus", schrieb Kraus in der Zeitschrift "Die Fackel". In genau diesem Sinne interpretiert Wolfram Berger Offenbachs Vorlage.

"Die Großherzogin von Gerolstein" Mo 11.2., 20.00, Polittbüro (U/S Hbf.), Steindamm 45, Karten 15,-; Internet: www.polittbuero.de