Der Wiener Electronica-Pionier Richard Dorfmeister bringt Elemente aus Jazz, Funk und Soul in den neuen Mojo Club

Mojo Club. Aus einem touristischen Blick heraus verbindet man mit Wien Attraktionen wie Schloss Schönbrunn, die Hofreitschule, urige Kaffeehäuser und "Sissy"-Romantik. Das existiert zwar alles auch noch, doch in Wien hat sich schon seit geraumer Zeit eine junge hippe Szene entwickelt. Electronic gibt im Nachtleben der österreichischen Hauptstadt den Ton an. Es gibt eine ganze Reihe international hoch angesehener Clubs, in denen die besten DJs der Welt auflegen. Entstanden ist diese Szene Mitte der 90er, als der Club Soul Seduction im Wiener Volksgarten der zentrale Treffpunkt all jener wurde, die zu Electro, Drum 'n' Bass und TripHop tanzen wollten. Ebenso wie in Hamburg der Mojo Club gab es auch in Wien Orte, die als ein verlängerter Arm der innovativen Dancefloor-Szene Londons wirkten.

Maßgeblich verantwortlich waren damals die beiden DJs und Produzenten Peter Kruder und Richard Dorfmeister. Sie kreierten die sogenannte Wiener Schule des Dub, eine Melange aus den oben genannten Stilrichtungen. Schon 1993 veröffentlichten sie ihr erstes Album "G-Stoned", ihrem Plattenlabel gab das Duo den Namen G-Stone Recordings. Weltstars wie Madonna und Depeche Mode wurden auf die Österreicher aufmerksam und beauftragten sie mit Remixen ihrer Songs.

Inzwischen gehen beide überwiegend eigenen Projekten nach, Dorfmeister hat vor allem mit seiner Band Tosca eine Menge Alben veröffentlicht. Auch an diesem Freitag legt er ohne seinen Partner Kruder im Mojo Club auf, dafür bringt er mit dem britischen Vokalisten Earl Zinger einen langjährigen Bekannten mit, der auch schon in den alten Räumen an der Reeperbahn 1 auf der Bühne stand.

Dorfmeister erinnert sich an die Zeit, als er anfing, mit Homecomputern zu samplen und Musik am Rechner zu basteln: "Die Leute haben zu mir gesagt: ,Lern was Ordentliches!' Die Unterstützung war nicht besonders groß." Doch der junge Wiener war so begeistert von den immer größeren technischen Möglichkeiten, dass er weiter experimentierte - zumal diese Heimstudioarbeit nicht besonders teuer war. Wie sich spätestens Mitte der 90er-Jahre herausstellte, hatten Dorfmeister und sein Partner Kruder den richtigen Riecher dafür gehabt, welchen Sound die Clubbesucher hören wollten.

Die Qualität sowohl der Alben, an denen Dorfmeister mitgewirkt hat, als auch die seiner DJ-Sets speisen sich aus dem ungeheuren musikalischen Wissen, das in seine Tracks einfließt. Als Teenager entdeckte er den Jazz, er war aber auch fasziniert von amerikanischem Funk und Soul. Überhaupt zählt Dorfmeister zu den Musikern, die immer mit offenen Ohren durch die Welt marschieren und von überall her Einflüsse aufsaugen, die sich dann in elektronisch bearbeiteter Form in seiner Musik wiederfinden.

Aufschlussreich sind auch eine Private Collection, die Dorfmeister im vergangenen Jahr auf CD veröffentlicht hat und eine Best-of-Liste, die der Wiener "Standard" gerade abgedruckt hat. In der Private Collection finden sich - auf den ersten Blick überraschend - Gitarristen wie Carlos Santana und Peter Green und das Alan Parsons Project, Folk von Nick Drake, Blues von John Lee Hooker und Jazz von Oscar Peterson.

Die Liste im "Standard" wird von einer Komposition von Pat Metheny und Charlie Haden angeführt, Steve Winwood und Bill Withers stehen ebenfalls drauf, und von Ry Cooder hat Dorfmeister den Titel gewählt: "John Lee Hooker For President". Erstaunlicherweise ist der Electro-DJ von analoger Musik fasziniert, was jedoch nur ein scheinbarer Widerspruch ist, denn die Tracks von Dorfmeister klingen sehr warm und alles andere als technomäßig.

Mit diesem Sound passt der österreichische DJ ideal in das Konzept des neuen Mojo Clubs. Moderne Sounds, analog aufgelegt, das entspricht exakt dem Credo der Mojo-Macher.

Richard Dorfmeister Freitag 8. Februar, 23.00 Uhr, Mojo Club (U St. Pauli), Reeperbahn 1, Eintritt 10,-; Internet: www.g-stone.com