Hamburg. Diktator Tito ist tot. Das Orchester hat ausgespielt. Da liegt es am Boden, nur noch ein paar Töne der ex-jugoslawischen Hymne zucken aus Trompete, Tuba, Pauke. Danach herrscht Chaos , und es wird scharf geschossen. Die Aufführung "Verdammt sei der Verräter seiner Heimat!" des slowenischen Theatermachers Oliver Frljic, die jetzt bei den Lessingtagen in der Gaußstraße gastierte, spart nicht mit Munition. Im doppelten Sinne. Auch Wortsalven schließen die sieben Performer scharfzüngig gen Publikum.

Über ein Scheißpublikum. Über fehlende Positionierung des Auslands im Jugoslawien-Konflikt. Über verstorbene Künstler, die alle irgendwie mit einer Masturbationsszene in dem Film "Hey, Ihr Slawen" zusammenhingen. Auch um Vergewaltigungen geht es. Die Drastik des Erzählten sorgt für unfreiwillige Komik am Rand des Absurden.

Kitschige Volkslieder lösten die Drastik und Gewalt ab, deren künstliche Harmonie der Besucher unverzüglich herbeisehnt. Frljic hat ein drängendes Anliegen: Die Folgen des Balkan-Krieges. Noch immer duellieren sich slowenische, kroatische, serbische und bosnische Verwurzelungen. Für Frljic ist Jugoslawien eine geopolitische Realität, mit der es sich auseinanderzusetzen gilt. Er geht dabei weder nostalgisch noch verurteilend vor, sondern als Rebell, der ausspricht, was derzeit in der Öffentlichkeit verdrängt wird, Wahrheiten, Vernarbungen, aber auch Verbindungen zwischen den nationalen Identitäten. Private Schicksale verwebt er mit politischen Entwicklungen.

Das allein schafft noch keinen berührenden Theaterabend. Und so sehr sich die Darsteller des Mladinsko Theatre bemühen, wenn sie sich erst auskleiden, in die Flagge Jugoslawiens gehüllt, eine Modenschau abhalten oder authentische Lebensbeichten absondern, es bleibt vor allem ein eindringlicher, wütender Aufschrei.