Der Maler Norbert Schwontkowski zeigt bei “Blind Man's Faith“ im Kunstverein Hamburg 30 seiner Arbeiten von 1999 bis heute

Kunstverein. In Träumen ist alles möglich. Da schweben Menschen, Windmühlen stehen aufgereiht im Sumpf, und van Gogh kann einem im Restaurant des Interzonenzugs begegnen, sich das Ohr haltend. Von dieser irritierenden, oft von feinem Humor durchzogenen Natur sind die Arbeiten des in Bremen und Berlin lebenden Künstlers Norbert Schwontkowski, Jahrgang 1949. 30 Arbeiten des Malers von 1999 bis heute sind unter dem Titel "Blind Man's Faith" bis zum 14. April im Kunstverein zu sehen.

Das aktuellste mit dem Titel "Unser kosmisches Leben" (2013) ragt unter den großformatigen Gemälden heraus, schon weil es, anders als die übrigen, nicht in schlammigen Novemberfarben gehalten ist, sondern eine farbenfrohe Nachtclubszenerie zeigt. Schwontkowski verwendet Pigmente und Metalloxyde, die in die Acryl- oder Ölfarbe lange hineinwirken. Durch häufiges Übermalen der Leinwände erhalten die Hintergründe eine Lebendigkeit.

"Wie die Herde zusammenhalten - wie den Tieren die Wolle nehmen" (2001) zeigt einen Schäfer mit Herdentieren, die auf ihrer Wolle die Namen Bosch, Goya, Vermeer oder Bruegel tragen. Der ganze kunsthistorische Referenzraum ist auf der Weide versammelt, damit auch das Dilemma der eigenen künstlerischen Positionierung. Das turmartige "The Inner Architecture of a Painting" (2013) kündet von der Frage, die ihn in seiner Kunst besonders beschäftigt hat, der nach dem Zusammengehen von Bildidee und Motiv. In welchem Verhältnis stehen Figuration und Abstraktion? In "Open Air" (2011) thematisiert Schwontkowski, der bis 2005 an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HfbK) lehrte, das Lehrer-Schüler-Verhältnis. Er reicht dem Schüler seine Hand, wobei nicht klar ist, will er ihm das Schweben beibringen oder die Bodenhaftung?

Es sind Fragmente des Alltags, durchzogen von einer zauberhaften Melancholie. Die Wirklichkeit erscheint unzulänglich, das Sein erstarrt. Schwontkowski fängt dies mit Liebreiz und einem chaplinhaften Humor ein. In dem Werk "Oberbaumbrücke" (2009) schickt er die Autos auf eine Hochbrücke, die sich über einer baumreichen savannenartigen Landschaft spannt. In "Hohe Tannen II" (2005) sieht es aus, als stürze ein Flugzeug über den Bäumen ab, der hintere Teil verschwimmt mit einem Wald, die Fenster lösen sich im Sternenhimmel auf.

Schwontkowski möchte mit seinen Bildern ein "inneres Kino" beim Betrachter auslösen, was ihm auf wunderbare Weise gelingt. Auch ein Blick auf die in Vitrinen aufgereihten Skizzenbücher lohnt sich. Chronologisch geführt, geben sie Einblicke in das, was den Künstler umtreibt.

Norbert Schwontkowski: "Blind Man's Faith" bis 14.4., Kunstverein (U Steinstr.), Klosterwall 23, Di-So 12.00-18.00; www.kunstverein.de