Die Ausstellung “Pixar. 25 Years of Animation“ im Museum für Kunst und Gewerbe zeigt Kino- Animationskunst auf höchstem Niveau.

Der damals noch unbekannte John Lasseter zeigte 1986 einem Geldgeber einen Kurzfilm, um ihm zu beweisen, dass man mithilfe von Computern Filme gestalten kann. Darsteller waren eine große und eine kleine Schreibtischlampe sowie ein Kinderball. Am Ende der zwei Minuten wollte der Geldgeber wissen: "Ist die große Lampe die Mutter oder der Vater?" Das war es, es hatte funktioniert. Heute ist Lasseter Spiritus Rector von Pixar, der erfolgreichsten Produktionsfirma für computeranimierte Filme, die beispielsweise 2003 "Findet Nemo" herausgebracht hat. 8,6 Millionen Zuschauer allein in Deutschland sahen die spannende und emotionsgeladene Suche eines Clownfisch-Vaters nach seinem Sohn. Der Film ist Teil der Erfolgsgeschichte der US-Produktionsfirma Pixar. Das Museum für Kunst und Gewerbe (MKG) widmet der Kreativität der Filmemacher jetzt die Ausstellung "Pixar. 25 Years of Animation", die Sonntag eröffnet wird. Zu sehen ist auch Ricky Niervas früher Entwurf zu "Findet Nemo" mit dem Titelheld, Freund Dory und dem Hai Bruce.

Was im MKG in 500 Skizzen, Grafiken, Aquarellmalereien, Skulpturen und Filmbeispielen gezeigt wird, ist ein Feuerwerk der Vielseitigkeit auf Weltklasseniveau. Gleich am Eingang wird man von Sulley und Mike, den gar nicht gefährlichen Protagonisten aus "Die Monster AG" begrüßt. Ausgestellt sind in den von ihnen bewachten Räumen von den ersten Skizzen über Skulpturen bis zum detaillierten Farbkonzept, dem Colorscript, und natürlich Filmbeispielen, zahlreiche Vor- und Zwischenstufen zu den Filmen, insgesamt rund 500 Exponate auf zwei Etagen. Die Ausstellung zeigt ein umfangreiches Making of, wobei deutlich wird: Auch die Vorstufen zur Kunst sind sehr sehenswert und können selbst Kunst sein.

Die Geschichte von Pixar, der Name ist ein Konglomerat aus den Worten "Pixel" und "Art", führt quasi aus der Garage an die Spitze der Kinocharts. Allein in Deutschland haben bisher 40 Millionen Zuschauer Filme wie "Ratatouille", "Cars" oder "Wall-E" gesehen. Protagonisten sind Menschen, Spielzeug, Roboter, Autos, sogar Ratten in einer Küche. Anders als in der Natur kam ein Ekelverdacht bei den sympathischen Leinwandnagern nicht auf.

Lasseter hat das Wirkungsprinzip der Filme so erklärt: "Bei der Animation von Charakteren geht es nicht darum, dass ein Objekt wie ein Charakter aussieht oder ein Gesicht und Hände hat. Bei Charakter-Animation bewegt sich ein Objekt, als sei es lebendig, wenn es sich bewegt, als würde es denken und als würden alle seine Bewegungen von seinen eigenen Gedankenprozessen gesteuert. Es ist das Denken, das die Illusion vom Leben erzeugt. Es ist das Leben, das dem Ausdruck eine Bedeutung verleiht." Auf einigen Exponaten findet sich der Stempel, mit denen er sie abgenommen hat. Er zeigt seine Karikatur, darunter den Schriftzug "John L."

Zu den Höhepunkten der Ausstellung zählen das Zoetrop und die Artscape. Das Zoetrop ist eine runde Scheibe, auf der Figuren von 200 Charakteren aus "Toy Story" in verschiedenen Ausdrucksformen angeordnet sind. Wenn die Scheibe zu rotieren beginnt, man den Raum abdunkelt und die Installation mit Stroboskoplicht bestrahlt, entsteht die Illusion von Bewegung. Ein optisches Spektakel, bei dem die Gegenwart des Kinos seiner Frühzeit begegnet, denn letztlich ist ein Zoetrop ein Vorläufer eines Filmprojektors. In der Artscape kann man in dreidimensional komponierte Pixar-Welten eintauchen, durch die eine Kamera den Besucher mitnimmt, begleitet von einem dazu passenden Sounddesign.

Etwa fünf Jahre braucht man beim heute zum Disney-Konzern gehörenden Pixar für die komplette Entwicklung eines Films, erklärt Ausstellungs-Manager Kim Donovan. Rund 1200 Mitarbeiter, darunter auch zwei fest angestellte Bildhauer, arbeiten im kalifornischen Emeryville an fünf bis sechs Filmen in verschiedenen Entwicklungsstufen gleichzeitig. Bei Pixar werden viele Entwürfe im Laufe der Zeit immer wieder verändert oder verworfen. "Wenn es keinen Abgabetermin gäbe, würden sie nie fertig werden", ist Donovan von der Verspieltheit, aber auch vom professionellen Ehrgeiz der Filmemacher überzeugt. Für Manfred Behn, Leiter der Animation School Hamburg, gehört zum typischen "Pixar touch" der hohe Stellenwert der Teamarbeit. Emely Christians, Chefin der Hamburger Animationsfilmfirma Ulysses, bestaunte die Arbeitsweise der US-Kollegen mit Ton-Modellen und lobte: "Die Qualität der Geschichten ist herausragend."

Anhand der "Toy Story" wird gezeigt, wie die Wirkungsmechanismen der Filme ineinandergreifen: Figuren, Welten und Geschichten. Wie gestaltet man die Figuren und mit welchen Charaktereigenschaften stattet man sie aus, damit sie sich als Identifikationsobjekte eignen? Gemeinsam und penibel arbeiten die Filmemacher die Geschichte aus, auf die sie drei Viertel der Produktionszeit verwenden. Sie spielen vor dem Hintergrund von Welten, die frei erfunden sein können, in denen aber immer klar erkennbare Regeln gelten.

Ursprünglich wurden die Exponate 2005 für das Museum of Modern Art in New York zusammengestellt. Seitdem touren sie durch die Welt und werden immer wieder aktualisiert, auch der jüngste Film "Merida - Legende der Highlands" ist natürlich vertreten.

Das MKG bietet ein ausführliches Rahmenprogramm an, darunter Vorträge und Kreativworkshops mit Hamburger Animationsprofis. Das Passage-Kino zeigt die großen Pixar-Erfolge, darunter auch "Findet Nemo". Am 14. Februar kommt der Film wieder in die Kinos, wieder mit dem Hai als Plakatmotiv. Nur trägt er diesmal eine dunkle Brille. Aber nicht nur, weil der Räuber cool sein will, sondern weil der Film in 3D auf die Leinwand kommt.

"Pixar. 25 Years of Animation" 27. Januar bis 12. Mai. Eröffnung Sonntag, 12 Uhr. Museum für Kunst und Gewerbe. Steintorplatz, www.mkg-hamburg.de