Die University Players zeigen eine dreistündige Fassung von “1984“

Hamburg. George Orwells Politparabel "1984" ist leider noch immer von beklemmender Aktualität. Das wird dem Betrachter schmerzlich bewusst, wenn er im Audimax dem von den University Players auf drei Stunden heruntergebrochenen Romanstoff auf der Bühne folgt. Durch den Lautsprecher bellt die Kommandeuse. Das Leben unter den Augen der Partei ist die pure, freudlose Tristesse. Grau sind die Anzüge der Parteimitglieder, grau das Gestühl, grau die flexiblen Wände. Der Alltag ein Einerlei aus Drill und Drohgebärden.

Unter den Parteisoldaten wandelt grüblerisch und etwas verhuscht Erik Liedke als Winston Smith. Zweifel nagen an ihm, ob der Führer mit Namen "Großer Bruder", dessen Augenpaar in einer Filmeinspielung beunruhigend die Dinge überblickt, wirklich die allein selig machende Wahrheit besitzt. Nachdem Winston als Mitarbeiter des "Ministeriums für Wahrheit" eine groß angelegte Geschichtsfälschung aufdeckt, schließt er sich mit seiner Zweckaffäre Julia (Tjadea Marckmann) und dem Integrität ausstrahlenden O'Brien (Philip Southard) in einer Untergrundbewegung zusammen. Nur um am Ende zu erfahren, dass die Gedankenpolizei natürlich niemals schläft.

Regisseurin Johanna Thiess transportiert den Schrecken des alles, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, ja selbst die Gedanken beherrschenden Systems in einem kalt schneidenden Formalismus. Einer Schreckenswelt, die ihre Ausreißer mit persönlicher Hölle bis zur Liquidation bestraft. Im zweiten Teil nehmen folgerichtig zeitlich ausgedehnte Folterszenen den größten Raum ein. Mit überzeugender Verzweiflung führen die jungen Akteure vor, wie sich das Unrechtssystem anfühlt, bis zur vollkommenen Auslöschung der Identität.

Orwell verfasst die Dystopie 1949, die Auswüchse des sowjetischen Kommunismus vor Augen. Die Abgrenzung des Staates Ozeanien gegen die Feinde Eurasien und Ostasien erinnert an die Dekade der Blockbildung. Bis heute sind Diktaturen eine Plage in der Welt. Man denke nur an China und Nordkorea. Und doch beschleicht einen das Gefühl, dass auf Dauer kein Regime mit noch so viel Aufwand gegen das eigene Volk regieren kann. Nicht nur deshalb ist diese Inszenierung "1984" notwendig und unbedingt sehenswert.

George Orwell's "1984" bis 1.2., jew. 19.30, Audimax der Universität Hamburg, Von-Melle-Park 4, T. 428 38 48 52; www.universityplayers.de