Der in Hamburg geborene Autor des Bestsellers “Neger, Neger, Schornsteinfeger“ ist an seinem 87. Geburtstag in Florida gestorben.

Hamburg. Hans-Jürgen Massaquoi, in Hamburg geborener amerikanischer Journalist und Buchautor, ist nach längerer Krankheit an seinem 87. Geburtstag in Florida gestorben. Das erfuhr das Abendblatt von Ralph Giordano, der mit ihm seit Jugendtagen bekannt war. Massaquoi, der Deutschland 1948 verlassen hatte, wurde der deutschen Öffentlichkeit 1999 bekannt, als er den ersten Band seiner Lebenserinnerungen veröffentlichte, die zum Bestseller wurden: „Neger, Neger, Schornsteinfeger“ heißt das Buch nach den Spottrufen, mit denen die hellhäutigen Kinder den dunkelhäutigen Sohn eines liberianischen Diplomatensprosses und einer Hamburger Krankenschwester hänselten. Sein Großvater war liberianischer Generalkonsul in Hamburg, seinen Vater hat er erst nach dem Zweiten Weltkrieg in Liberia kennengelernt.

Massaquoi wuchs bei seiner Mutter in Barmbek-Süd auf; in seinem Buch erinnert er sich an die vielfältige Diskriminierung und Gefährdung durch den aufkommenden Nationalsozialismus. Er beschreibt, wie ihn seine Mutter heldenhaft aus einer SA-Kneipe freikämpft, in die er hineingezerrt wordenw ar, um dort als Paradebeispiel deutscher Rassenschande vorgeführt zu werden. In seinem Wunsch, nicht ausgegrenzt zu werden, geht Massaquoi mit seiner Mutter in ein HJ-Heim und will Mitglied im Jungvolk werden. Natürlich vergeblich. Nur mithilfe eines ihm bekannten Beamten entkommt er dem SS-Sicherheitsdienst, als er wegen seiner Beziehung zu einem hellhäutigen, blonden Mädchen zu einer Polizeiwache gebracht wird. Massaquoi erzählt in berührender Ehrlichkeit davon, wie ihm dann langsam dämmert, dass die Nazis eine mörderische Gewaltherrschaft errichtet hatten. Er kann sich durch den Zweiten Weltkrieg retten.

1932 begegnet er Ralph Giordano, was in dessen autobiografischem Roman „Die Bertinis“ seinen Niederschlag gefunden hat; Massaquois Spitzname war „Micky“. Aus der kurzen Begegnung wird nach dem Krieg eine Freundschaft, die dann ein ganzes Leben lang gehalten hat.

Massaquoi wandert 1948 nach Liberia aus und geht später in die USA. Dort kann studieren und wird schließlich Chefredakteur des großen afroamerikanischen Magazins „Ebony“ und scharfer Beobachter und Kommentator des Kampfes der Schwarzen für ihre Bürgerrechte. Er interviewt Martin Luther King, Malcolm X, Muhammad Ali und viele andere bedeutende Personen der Zeitgeschichte.

Das Hamburger Abendblatt brachte „Neger, Neger, Schornsteinfeger“ als Vorabdruck, das Buch wurde 2006 fürs Fernsehen adaptiert. Massaquoi, der auch im Alter noch perfekt Deutsch und Platt sprechen konnte, kam mehrfach zu Lesungen nach Hamburg zurück.