Politische Komödie, Märchen und Musical: “Der Wonderful Zauberer von Oz“ feiert im Lichthof Theater Premiere

Lichthof. "Ein Theater ist ein Unternehmen, das Abendunterhaltung verkauft", heißt es bei Brecht. Man möchte meinen, dass dies nicht gerade Carola Unsers Lieblingszitat des Theaterautors ist. Doch die Regisseurin nimmt den Satz sehr ernst. Für ihre Inszenierung von "Der Wonderful Zauberer von Oz", die am Freitag im Lichthof Theater Premiere feiert, hat sie Griffe in die Trickkisten des Entertainments nicht gescheut. In der Ankündigung ist sogar von einem Musical die Rede. Unser lacht: "Ja, es wird bunt und lebendig, ein heiterer Abend." Aber genau wie eine unterhaltende Seite habe Theater auch eine politische Dimension.

Gleiches gilt für "The Wizard of Oz", wie es im amerikanischen Original heißt. Seit das Buch 1900 erschienen ist, haben Legionen von Verschwörungstheoretikern und fantasiereichen Interpreten Verbindungen zwischen dem Märchen und politischen Verhältnissen geknüpft.

Es geht um die kleine Dorothy und ihren Hund Toto, die beiden werden durch einen Wirbelsturm von ihrer Heimat im US-Bundesstaat Kansas ins Land der Munchkins gefegt. Von dort machen sie sich unter Begleitung einer Vogelscheuche, die gern Verstand hätte, eines Blechmanns, dem es an Herz fehlt, und mit einem feigen Löwen auf den Weg zum Zauberer von Oz.

Der Charakter der Vogelscheuche repräsentiert in vielen Stücken die als ungebildet geltenden Bauern, der Blechmann steht für die Arbeiterklasse. Auf ihrer abenteuerlichen Reise finden die Figuren neben guten und bösen Hexen, geflügelten Affen und Kampfbäumen auch den titelgebenden Magier.

Für die auf diese Produktion maßgeschneidert und aktualisierte Textfassung von Carola Unser und Michael Gmaj ist das gigantische Inventar an Rollen auf 23 reduziert worden. Immer noch ein Kraftakt für vier Schauspieler, von denen eine (Lisa Grosche) durchgehend Dorothy spielt. Das sechsköpfige Theaternetzwerk Bond Girrrls, bestehend aus dem Dramaturgen, Bühnen- und Kostümbildnern sowie der Regisseurin, hat es sich von Anfang an nicht leicht gemacht: "Gestartet sind wir mit einer experimentellen Phase", sagt Unser. Doch keine Sorge: Selbstversuche wie bei der berühmten Verfilmung von 1939, in der die 16-jährige Judy Garland eine Szene unter Einfluss von Speed spielte, haben die Bond Girrrls nicht gemacht. Vielmehr untersuchte das Künstlerkollektiv "den ganzen kapitalistischen Wahnsinn" und sah sich dafür auf Mönckebergstraße und Hamburger Dom um.

"Außerdem war es uns wichtig, viele Personen an der Entstehung des Stücks zu beteiligen", erklärt die Regisseurin. In Zusammenarbeit mit drei Theaterpädagogen tauschten sich die Bond Girrrls mit Schülern des Kunstprofils der Stadtteilschule Bahrenfeld aus. "Die hatten zu vielen Themen ganz andere Positionen und Ideen", sagt die 38-Jährige. Beispielsweise beschäftige sich eine Szene mit der Occupy-Bewegung, deren politische Karriere Unser sehr nüchtern beobachtet, "für die Jugendlichen waren das quasi Helden. Das hat uns nachdenklich gemacht."

Diese Inspirationen im Gepäck haben die Bond Girrrls ein neues Land der Munchkins geschaffen. Musikalisch unterstützt werden sie dabei von dem Dresdner Konstantin Jahn, der eigens für diese Hamburger Inszenierung am Lichthof Theater mehrere Lieder komponiert hat.

"Der Wonderful Zauberer von Oz" Fr/Sa 18./19.1., 20.15, So 20.1., 19.00, Lichthof Theater (S Bahrenfeld), Mendelssohnstraße 15, Karten für 15,-/erm. 10,- unter T. 85 50 08 40