Ein gesellschaftskritisches, poetisches Märchen, erzählt an einem Sehnsuchtsort; von einem Regisseur, der nur einen Vornamen trägt: Edwin.

Der Zoo - das ist vor allem ein Ort der Sehnsucht, eigentümlich herausgenommen aus dem Stadtbild der Metropolen mit ihrem Lärm und ihrer Geschäftigkeit. Die Menschen, die hierherkommen, erhoffen sich ein wenig Erholung und Bildung, aber auch eine Ahnung von Abenteuer und Wildnis lockt sie an. Die Tiere sind natürlich nicht freiwillig im Zoo und wundern sich über die Menschen, die gucken und staunen. An diesem Ort, an dem man sich so perfekt in andere Welten hineinversetzen kann, wächst die kleine Lana (Klarysa Aurelia) auf. Ihr Vater hat sie im Tierpark von Jakarta vergessen. Nun kümmern sich, als sei es das Selbstverständlichste von der Welt, die Tierpfleger und die Obdachlosen um sie. Auch als junge, attraktive Frau lebt Lana (nun dargestellt von Ladya Cheryl) noch immer unter Giraffen und Elefanten. Ein junger Cowboy (Nicholas Saputra) verzaubert sie mit magischen Tricks und "entführt" sie aus dem Tierpark. Doch plötzlich ist er verschwunden, wie weggezaubert. Lana ist auf sich gestellt und landet in einem zwielichtigen Massagesalon - wo sie selbst so etwas wie ein begafftes Tier wird ...

"Die Nacht der Giraffe" kommt den Zuschauern zunächst wie eine Tierdokumentation vor, weil Zwischentitel zoologische Fachbegriffe erklären oder Lana aus dem Off die Eigenheiten der Tiere enthüllt. Doch der Film entpuppt sich rasch als poetisches, seltsam entrücktes Märchen, das sofort in seinen Bann zieht. Der 34 Jahre alte indonesische Autor und Regisseur Edwin (der keinen Nachnamen hat), der am heutigen Donnerstag im Metropolis zu Gast ist, entwirft in langen, ruhigen Bildfolgen fast so etwas wie ein Paradies, in dem Mensch und Tier einträchtig zusammenleben. Das ist - in perfekt komponierten Bildern - wunderschön anzuschauen, manchmal skurril, manchmal exotisch, in jedem Fall köstlich versponnen und sehr originell.

Bewertung: empfehlenswert

"Die Nacht der Giraffe" Indonesien/D/Hongkong/China 2011, 95 Min., ab 12 J., R: Edwin, D: Ladya Cheryl, Nicholas Saputra, Klarysa Aurelia, täglich im Metropolis; Internet: www.neuevisionen.de